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gwyn

Posted on 19.6.2022

Euro, Dollar, Yen, Franken, Schilling, Pound - in aller Welt gibt es Geld. Doch was ist «Geld» eigentlich? Münzen, Scheine, Guthaben auf der Bank? Kreditkarten und Kryptowährung? Eine kurze Einführung zum Thema als Mind-Map gestaltet, zum Tauschen von Waren, ein Blick in die Tierwelt, zur Gegenseitigkeit und dann geht es zum Primärgeld der Urvölker, wie Muschelschalen, Schneckengehäuse, Vogelfeder- und Stein-Geld. Der Weg zum Geld begann mit der Sesshaftigkeit der Menschen, dem Handel und dem Staatswesen, der Bestimmung von Wert der Güter – die sich noch im Tausch von Waren zeigten. Wer hats erfunden? Die Wikinger – kleine abgewogene Metallstücke. Aber die ersten «Geldstücke» waren nicht unbedingt Münzen. Die ersten Geldmünzen sind aus China und Indien bekannt, aber auch andere Kulturen handelten damit. Im Mittelalter spielte das Geld in unseren Breiten noch keine große Rolle, erst Karl der Große erschuf ein Währungssystem. Die kommerzielle Revolution durch die Kaufleute wird erklärt: der Welthandel. Interessant ist das Kapitel «Böses Geld, schlechtes Geld», es erläutert Kapriolen, die trickreich das Geld vermehren wollten, aber eine Bauchlandung erlitten. Silber oder Kupfer?, das ist die Frage. Aber der Schuldschein ist nicht die Erfindung des Papiergelds, bereits wesentlich früher hatten andere Kulturen das sogenannte «fliegende Geld» erfunden. Das Kapitel «Raub, Betrug und Fälschung» – klar, worum es geht – aber wer kannte die Geschichte um Napoleons krumme Geschäfte, oder die «Operation Bernhard» aus dem 2. Weltkrieg, die schon ein wenig bekannter ist. Regiert Geld wirklich die Welt, wie das Sprichwort sagt? Und wer bestimmt dafür die Regeln? Warum ist Geld eigentlich so ungerecht verteilt? Und wäre eine Welt ohne Geld möglich? Denn ab der Mitte beschäftigt das Buch sich mit dem Bankensystem: Schulden, Zinsen, Banken, Geldschöpfung, Aktiengesellschaften, Märkte und Börsen. Analysen, Krisen und Blasen werden erklärt, die Weltwährungen, die Währungsunionen. Und was ist mit Verlaub Ersatzgeld oder Freigeld? Das ist dann auch der Übergang zur Kryptowährung. Funktioniert eine Welt ohne Geld oder ist das nur ein Traum? Am Ende gibt es noch einen witzigen Ausflug in die Galaxis. Wie stellen sich Schriftsteller das Geld der Zukunft vor? Ein Kindersachbuch, das auch garantiert Erwachsene interessiert, ein Einblick über die Geschichte des Geldes; nicht alles hier beschriebene hätten wir gewusst! In Comicpanels sind passend zu den Informationen einzelne Situationen gezeichnet. Menschen handeln, kämpfen, führen Kriege, entdecken Kontinente; Herrscher, Gangster, ausgefuchst Händler, hämische Gesichter, Betrüger – die Macht des Geldes, Gier und Verbrechen gehören zur Geschichte dazu, wie neue Ideen und Vereinfachung des Handels. Und genau das hält Vitali Konstantinov sehr fein in seinen Zeichnungen fest. Es sind Einzelszenen, die aber gerade deshalb tief hineingehen in die Charaktere der handelnden Personen – das alles mit sehr viel Humor. Mimik, Gestik, Körperhaltung, all das beherrscht Vitali Konstantinov perfekt mit der Feder umzusetzen. Grafisch dargestellte Landkarten, Handelswege, verschiedene Münzen und natürlich eine Menge Information durch Infovignetten, Pfeile, Doodles, machen das Buch zum Lesespaß. Vom Gesetzbuch der Manus in Indien, über Qin Shi Huang Die, dem ersten Kaiser von China, Karthago, die Römer, dem Drachme der Griechen, das Buchgeld der Bank of England, der Deutschen Hanse und dem Kux (Vorläufer der Aktien) bis hin zu Satoshi Nakamoto, dem Erfinder der Kryptowährung ist alles dabei. «Trotz seiner Alltäglichkeit ist das Thema Geld sehr kompliziert und meistens toternst. Geld bestimmt nicht nur Wohlstand und Fortschritt. Ungleichheit, Armut, Krisen und Kriege bilden die Kehrseite. Millionen Menschen hungern oder können sich keine medizinische Behandlung leisten – und das nicht, weil es keine Essen oder keine Medikamente gäbe. Sie haben bloß kein Geld dafür.» Noch eine kleine Anmerkung – gleich am Anfang erfahren wir, für wen dieses Buch geschrieben ist: Für 99 %. Etwa einem Prozent der Weltbevölkerung gehört die Hälfte des weltweiten Vermögens, «die 26 reichsten Menschen der Welt besitzen so viel Vermögen wie die Hälfte der Weltbevölkerung.». Und 99 % besitzt kein oder wenig Vermögen. Was alles Geld – Zahlungsmittel – sein kann und welchen Einfluss es hat, hängt vom jeweiligen sozialen System ab. Der Comic macht sicher auch Erwachsenen Spaß, man lernt einiges dazu. Der Gerstenberg Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 10 Jahren. Ich erhöhe auf ab 12 Jahren. Klar, man liest das Buch nicht in einem Rutsch, schon gar nicht als Kind. Kompakt mit sehr viel Information, bzw. historischen Zusammenhängen ist dieser Comic für meine Begriffe eher etwas für den Intellekt der weiterführenden Schule – übrigens auch gut als Unterrichtsmaterial zu nutzen. Klare Empfehlung für diese Graphic Novel! Vitali Konstantinov, geb. 1963 bei Odessa in der UdSSR (Ukraine), studierte Architektur, Grafik, Malerei und Byzantinische Kunstgeschichte in Russland und Deutschland, wo er heute als freier Künstler, Illustrator, Comiczeichner und Autor lebt. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.

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