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Posted on 12.6.2022

Handlung: "Heart Bones" war mein 24. Buch von Colleen Hoover, dabei aber das Erste, das ich in Originalsprache gelesen habe. Ich weiß nicht, ob es daran lag, oder an der sehr intensiven Storyline, aber die Melancholie und die emotionale Schwermütigkeit der Geschichte hat mich hier so sehr ins Herz getroffen wie noch nie einer ihrer Romane. Dabei ist "Heart Bones" ganz objektiv definitiv nicht ihr bestes Buch. Dazu waren im Mittelteil zu viele Sprünge und Auslassungen enthalten (zum Beispiel der Aufbau einer Beziehung zu ihrer Schwester oder ihrem Vater sowie die Umstellung auf ein Leben im Überfluss wird kaum mehr erwähnt sobald Samson auftritt) und auch das Ende war - zwar wie gewohnt schön zu lesen -, aber inhaltlich ausbaufähig (nach der doch recht konstruiert erscheinenden Enthüllung von Samsons Geheimnis geht alles recht schnell über die Bühne). Am meisten Potenzial hat die Autorin in meinen Augen jedoch mit der Liebesgeschichte liegen gelassen, welche in meinen Augen gar nicht notwendig gewesen wäre. Nachdem äußerst tragischen Einstieg in die Geschichte, in dem mich das unfassbare Schicksal der Hauptfigur mehr als mitgenommen hat, wäre Beyahs Aufenthalt im Strandhaus ihres Vaters eine Chance gewesen, sie langsam zur Ruhe zu kommen, mental heilen und neues Vertrauen in das Leben aufbauen zu lassen. Leider bleibt der Fokus nach dem sehr bewegenden ersten Drittel jedoch nicht auf ihr und ihrer inneren Heilung, sondern rückt Samson und dessen Probleme in den Vordergrund. Das durch ihn zusätzliche Drama hätte die Geschichte in meinen Augen gar nicht gebraucht. Schreibstil: Weshalb konnte mich die Geschichte trotz ihrer inhaltlichen Schwächen so sehr mitnehmen wie kaum eine ihrer Erzählungen zuvor? Vermutlich hängt das mit ihrem emotionalen Schreibstil zusammen, den sie hier nutzt, um in der Traurigkeit ihrer Figuren zu schwelgen und in einem hellen, sommerlichen Strandsetting eine melancholische Atmosphäre aufzubauen. Schon so oft habe ich das geschrieben: Wenn ich ein Buch von dieser Autorin aufschlage und die ersten paar Zeilen lese, dann komme ich nach Hause. Es ist ein wohlig warmes Gefühl und ich fühle mich in der Atmosphäre jedes einzelnen Buches der Autorin absolut geborgen und möchte gar nicht mehr auftauchen. Wie gewohnt spielt die Autorin nur so mit Worten. Sie findet in jeder Situation genau die richtigen Formulierungen, um nur so mit unseren Emotionen zu spielen und kennt dabei kein Tabu, wenn es darum geht, uns Leser zu quälen. Colleen Hoover schafft es mal wieder, schwierige Themen anzusprechen und aus ihnen eine leidenschaftliche, mitreißende und authentische Geschichten zu zaubern, die noch jedes Leserherz berührt. Figuren: Colleen Hoover erzählt ihre Geschichte hier ausschließlich aus der Sicht ihrer weiblichen Hauptfigur Beyah. Das hat zweierlei Gründe. Zunächst gelingt es ihr so, die langsame Entwicklung ihrer Figur von einer verschlossenen, misstrauischen und getriebenen Einzelkämpferin, die Menschen schnell in Schubladen steckt und eine Wut auf das Leben hat zu einer jungen Frau, die Werte wie Familie und Vertrauen zu schätzen beginnt und eine eigene Zukunft plant, glaubhaft zu vermitteln. Zweitens kann die Autorin durch den alleinigen Fokus auf Beyah Samsons Geheimnisse besser bewahren, nur um sie geballt an einem Punkt der Geschichte auf uns zu werfen, an dem wir dachten, das Schlimmste sei bereits überstanden. Wie die beiden trotz ihrer Unterschiede und der Imbalance ihrer Beziehung schnell eine Nähe entwickeln und sich im anderen verstanden fühlen, hat mir sehr gut gefallen. Anders als bei anderen Romanen der Autorin teilen die beiden keine leidenschaftliche Liebe mit Chemie und großen Zukunftsplänen. Stattdessen ist ihre Verbindung eher partnerschaftlich: beide haben ineinander das erste Mal jemanden gefunden, der ähnliches durchgemacht hat und auf den sie sich trotz aller Hürden verlassen können. Und vielleicht ist es auch genau dieses starke Bedürfnis beider Figuren nach einem Nicht-Allein-Sein beim Gang durchs Leben, welches mir so unter die Haut gegangen ist. Die Zitate: “Love is a lot like water. It can be calm. Raging. Threatening. Soothing. Water will be many things, but even in all its forms, it will always be water. You are my water. I think I might be yours, too.” “Sometimes I believe personalities are shaped more by damage than kindness. Kindness doesn’t sink as deep into your skin as the damage does. The damage stains your soul so bad, you can’t scrub it off. It stays there forever, and I feel like people can see all my damage just by looking at me.” “Come at me, world. You can’t damage the impermeable.” “I think when you’re the worst of people, finding the worst in others becomes a survival tactic of sorts. You focus heavily on the darkness in people in hopes of masking the true shade of your own darkness” “Look at us. Two lonely kids who slipped through all the cracks, but then climbed right back up to the top of the world.” Don’t worry. Hearts don’t have bones. They can’t actually break" “If there's nothing inside a heart that can break, why does it feel like mine is going to snap in half when it's time for me to move next month? Does your heart not feel like that?" Samson's eyes scroll over my face for a moment. "Yeah," he whispers. "It does. Maybe we both grew heart bones.” “There are two different kinds of wrong. The wrong that stems from weakness and the wrong that stems from strength. You made that choice because you were strong and needed to survive. You didn’t make that choice because you were weak.” Das Urteil: "Heart Bones" ist definitiv nicht Colleen Hoovers bester Roman, dazu waren im Mittelteil und gegen Ende zu viele inhaltliche Schwächen vorhanden. Dennoch konnte mich die melancholische, bitter-süße Geschichte von Beyah und Samson emotional so sehr berühren wie noch keiner ihrer Vorgänger, was die Geschichte dennoch zu einem Herzensbuch macht!

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