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herbstrose

Posted on 28.4.2022

Ein Sommer mit Folgen … Neben ihrer Arbeit als Lehrerin kümmert sich Rachel Cameron auch um ihre kränkelnde Mutter, die sie immer noch als Kind behandelt, seit sie nach dem Tod des Vaters alleine mit ihr zusammen lebt. Rachel ist vierunddreißig und noch unverheiratet, und daran wird sich für die unsichere, scheue Frau auch nichts ändern, solange sie weiterhin im kanadischen Provinzstädtchen Manawaka bleibt. Als jetzt die großen Ferien beginnen, steht ihr ein öder, ereignisloser Sommer bevor. Doch dann begegnet sie ihrem ehemaligen Schulkameraden Nick wieder, der einst den Ort verlassen hat und nun den Sommer bei seinen Eltern verbringen möchte. Rachel verliebt sich in ihn, beginnt eine Affäre mit ihm, erfährt zum ersten Mal in ihrem Leben die körperliche Liebe – und macht sich erste zaghafte Gedanken über ihre Zukunft … Die kanadische Schriftstellerin Margaret Laurence wurde 1926 geboren und starb 1987 durch Selbstmord, nachdem bei ihr Lungenkrebs diagnostiziert worden war. Sie zählt neben Margaret Atwood und Alice Munro zu den bedeutendsten Autorinnen Kanadas. Der vorliegende Roman erschien bereits 1966 unter dem Titel „A Jest of God“, wurde 1968 verfilmt als „Die Liebe eines Sommers“ und wurde erst jetzt, 2022, in deutscher Übersetzung von Monika Baark unter dem Titel „Eine Laune Gottes“ vom Eisele-Verlag München veröffentlicht. Selten wurde ich von einem Buch so in seinen Bann gezogen, wie von diesem. Schonungslos, dennoch äußerst feinfühlig, lässt uns die Autorin am Innenleben einer zutiefst unsicheren, ängstlichen und zerrissenen Frau teilhaben. Sie lässt Rachel selbst erzählen und schafft dadurch eine emotionale Atmosphäre der Sympathie und des Verständnisses. Wir sind ganz bei Rachel, verinnerlichen ihre geheimsten Gedanken und werden gewissermaßen sie selbst. Hin- und hergerissen zwischen Vernunft und Gefühl leben und leiden wir mit ihr, fügen uns ihren selbstauferlegten Zwängen und ihrem geheimen Wunsch, die eigenen Bedürfnisse auszuleben - und atmen befreit auf als Rachel nach und nach merkt, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen und eine Änderung herbeiführen muss. Obwohl die Autorin den Roman schon in den 1960ern geschrieben hatte, ist sein Inhalt auch heute noch erstaunlich aktuell. Ein Nachwort von Margaret Atwood erläutert perfekt die Bedeutung des Romans für die kanadische Literatur und rundet das Buch gekonnt ab. Fazit: Keine Geschichte zum Wohlfühlen, aber eine eindrucksvolle Lektüre, die ich gerne weiter empfehle.

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