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schnaeppchenjaegerin

Posted on 19.8.2021

1974 zieht Lenora Allbright im Alter von dreizehn Jahren mit ihren Eltern Cora und Ernt nach Kaneq in Alaska. Sie alle haben die Hoffnung auf einen Neuanfang und dort glücklich zu werden, nachdem sie inzwischen so oft umgezogen sind. Ernt ist Kriegsveteran aus Vietnam und war dort sechs Jahre in Gefangenschaft, weshalb er unter Flashbacks und Posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Seinen Frust darüber ertränkt er in Alkohol oder münzt ihn in Gewalt um. Die Anfangszeit in Alaska ist hart und arbeitsreich, aber Ernt steht damit vor neuen Herausforderungen und ist beschäftigt und selbst Leni, die sich immer als "die Neue" in diversen Schulen vorstellen musste, fühlt sich in dem kleinen abgeschiedenen Ort bald wohl. In Matthew, dem einzigen gleichaltrigen Mitschüler, findet sie sogar einen guten Freund. Doch der lange Winter drückt auf die Stimmung und Ernt verfällt in alte Muster. Zudem spaltet er den einst friedlichen Ort, indem er aus Eifersucht und Neid Streit mit alteingesessenen Bewohnern anfängt. Leni wächst heran und wird langsam zur Frau und verliebt sich in Matthew, zu dem Ernt ihr jedoch jeden Kontakt untersagt. Seine Wutausbrüche werden immer schlimmer, seine Ansichten und Weltuntergangsszenarien immer extremer, bis er seine Familie komplett von allen anderen abschottet, um sie zu schützen. Doch die Gefahr droht weniger von außen, sondern geht allein von ihm aus. Als Cora und Leni Ernt nicht mehr länger aus Liebe in Schutz nehmen können und endgültig beschließen, ihn zu verlassen, kommt es zur Katastrophe. "Liebe und Verderben" ist ein ebenso dramatischer wie treffender Titel für einen Roman, der eine spannende und emotionale Geschichte voller Liebe, Tragik, Angst und den Kampf ums Überleben erzählt. Alaska ist dabei eine besondere, einerseits bezaubernde und wunderschöne Kulisse, andererseits aber auch ein unheimlicher und gefährlicher Ort. Die Schilderung des einfachen Lebens in den 1970er-Jahren ohne Strom und fließendes Wasser, die Landschaftsbeschreibungen von Wäldern, Fjorden und den dort lebenden Tieren sind beeindruckend und so anschaulich, dass man als Leser tief in die Geschichte eintaucht. Die Erschwernisse durch Klima und Natur, aber auch durch die Einsamkeit, di die Menschen absonderlich werden lässt, sind eindrucksvoll und nachvollziehbar geschildert und sorgen für Beklemmung. Diese unheimliche Grundstimmung passt perfekt zu der tragischen Familiengeschichte der Allbrights. Sie schildert die toxische Beziehung zweier Liebenden, die nicht ohne einander leben können, aber miteinander nicht glücklich werden. Ernt ist krankhaft eifersüchtig und verliert über die Jahre immer mehr die Kontrolle über sich, während Cora den Fehler macht, ihm immer wieder zu verzeihen und ihn provoziert, um seine Liebe zu spüren. Je älter Leni wird, desto mehr durchschaut sie die Situation, kann aber nichts an ihr ändern, was sich für sie am Ende besonders tragisch auswirkt. Trotz der Weite des Landes sind sie gefangen und kämpfen bald wenige gegen die Wildheit der Natur, sondern vielmehr gegen die Wildheit, die im Menschen selbst innewohnt. Nicht nur die außergewöhnliche Kulisse, auch die authentisch geschilderte dramatische Familien- und Liebesgeschichte machen das Buch zu einer Reise in ein beeindruckendes Land und zu Menschen, denen man erschüttert, aber doch nachvollziehbar folgerichtig zusieht, wie sie sich ins Verderben stürzen. Die Geschichte steckt voller individueller Charaktere, ist abwechslungsreich, realitätsnah und vor allem emotional mitreißend erzählt.

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