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Wordworld

Posted on 20.6.2021

Nachdem mich "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" letzte Woche mit einem spannenden Ende voller Cliffhanger zurückgelassen hatte, wollte ich natürlich sofort zum Finale greifen und weiterlesen. Ich hatte gar keine großen Erwartungen und wollte einfach wissen, wie die Geschichte weitergeht und in diese tolle mittelalterliche Fantasy-Reich voller Eis und Wüste, Brutalität und Schönheit, Dämonen und starker Frauenfiguren zurückkehren. Schon nach wenigen Seiten war mir dann aber klar: die Richtung, in die Sally Green ihr Finale hier führt, gefällt mit ganz und gar nicht. So fällt mein Fazit zu "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" eher mäßig begeistert aus. Doch beginnen wir wieder bei der (einfach hinreißenden, hach) Gestaltung. Wo bei Band 1 ein Schloss und bei Band 2 ein Thron zu sehen war, ist auf Band 3 eine silberne Krone mit großen Saphiren abgebildet und die Wolken aus Dämonenrauch, die kunstvoll um das Motiv und den Titel gelegt sind, sind dieses Mal violett. Der strahlend weiße Hintergrund des Covers dient als krasser Kontrast und lässt die Gestaltung mysteriös und dynamisch wirken. Toll ist wieder, dass die Innenseiten der Buchdeckel von zwei colorierten Karten in verschiedenem "Zoom-Faktor" zu sehen sind, die gemeinsam mit dem umfangreichen Orts- und Personenglossar am Ende des Buches eine einfache Navigation durch Sally Greens komplexe Fantasywelt garantieren. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass die Kapitel wieder recht knapp gehalten sind und die Perspektivwechsel abermals durch ein Zeichen angekündigt werden. "Die Kunst des Krieges? Unsinn? Krieg ist keine Kunst, sondern eine Aneinanderreihung grober Fehler." -Königin Valeria von Illast. Mit diesem Zitat aus der Biografie von Illasts Königin beginnen wir das Finale. Dieses als "Aneinanderreihung grober Fehler" zu bezeichnen wäre wohl ein bisschen zu hart, dennoch fielen mir hier im Laufe der Handlung einige Punkte auf, die ich mir anders gewünscht hätte. Doch erstmal zum groben Ablauf der Handlung: Wie schon in Band 1, "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn", und Band 2, "Kingdoms of Smoke - Die Verschwörung von Brigant", konzentrieren wir uns auch hier wieder auf den Weg unserer 5 erzählenden Figuren durch die Irrungen und Wirrungen von Krieg, Liebe, Flucht und Magie. Während sich der Krieg zwischen Pitoria und Brigant weiter zuspitzt und ihr angeblicher Gemahl Prinz Tzsayn schwer verwundet im Bett liegt, muss Prinzessin Catherine einige schwerwiegende Entscheidungen treffen, die nicht nur den Ausgang des Krieges, sondern auch ihr eigenes Leben betreffen. Ihr Leibwächter und Freund Ambrose leitet unterdessen eine Truppe aus Kriegern in die Dämonenwelt, um die Ernte des Dämonenrauchs durch die Briganter zu stoppen. Auch die ehemalige Dämonenjägerin Tash ist in der gefährlichen Welt der Dämonen unterwegs und einem Geheimnis auf der Spur, das alles ändern könnte. Unterdessen kämpft March in Brigant um sein Überleben und schließt sich aus Not der Jungenbrigarde von Prinz Harold an, um für Edyon zu spionieren, der ihn zwar aus Calidor, aber nicht aus seinem Herzen verbannt hat. Und letzterer ist nun zwar endlich bei seinem Vater angelangt, ist nun aber einer neuen Bedrohung ausgesetzt, denn nicht nur die Calidonianer haben es auf den neuen Prinzen abgesehen, auch Brigant hat noch eine Rechnung mit dem kleinen Staat im Süden offen... So weit klingt die Handlung ganz solide, oder nicht? Jein. Denn anders als gedacht, kommt es hier nicht zu einer epischen Endschlacht mit Bündelung aller Kräfte und Einbezug und Verbindung aller Handlungsstränge zu einem Showdown, sondern die Geschichte plätschert erstmal für die ersten 200 Seiten dahin und scheint nicht so recht voranzukommen. (Achtung: Ab hier sind leichte Spoiler vorhanden) Zuerst einmal fällt auf, dass Tash zu Beginn geradezu lächerlich wenige und wahnsinnig kurze Auftritte hat, obwohl ihr Handlungsstrang die Möglichkeit geboten hätte, mehr über die Dämonen mit einfließen zu lassen und das Worldbuilding auch im Finale noch weiterzuentwickeln. Dann liest sich Edyons Kampf um Gehör am Hof, seine Demonstrationen der Macht des Dämonenrauchs und der kommenden Bedrohung wie eine exakte Wiederholung von Catherines Bemühungen, die Pitorianer vom Plan der Briganter zu überzeugen. Viele Szenen waren so ähnlich (inklusive Bällen, Intrigen und Attentaten), dass ich mich gefragt habe, ob die Autorin keine neuen Ideen hatte, was sie mit Edyon in Calia anfangen konnte. Entwickelt sich seine Beziehung zu seinem Vater? Nope. Denkt er über March nach, den er ins Exil geschickt hat, nachdem er von seinem Verrat erfuhr? Außer ein paar verliebte Gedanken passiert in diese Richtung nicht viel. Also was soll uns dieser Handlungsstrang sagen? Da war Marchs Weg schon aussagekräftiger. Ihn begleiten wir nämlich zu den Jungenbrigarden, die nun von Catherines jüngstem Bruder, Prinz Harold, geführt werden. Die Struktur und Dynamik der Jungen-Armee fand ich wahnsinnig interessant, als weniger passend empfand ich es aber, wie wenig March unternimmt, um seinen eigentlichen Plan in die Tat umzusetzen: Informationen zu beschaffen, um Edyon zu retten. Klar ist er mit einigen Dingen nicht einverstanden, die Harold tut und klar prangert er den Blutdurst und die Zerstörungswut der vom Dämonenrauch aufgeputschten Jungen an, aber ansonsten lässt nicht besonders viel erkennen, dass er sich inmitten der Feindestruppen befindet. Auch auf logischer Ebene sind mir speziell in seinem Handlungsstrang einige Fragezeichen aufgefallen. Gerade manche militärische Strategien schienen mir doch eher zweifelhaft (z.B. dass Brigant seine Truppen aufteilt, um gleichzeitig Calidor und Pitoria anzugreifen). Sehr schade fand ich auch, dass sich die Beziehung von March und Edyon überhaupt nicht so entwickelt, wie ich mir das gewünscht hätte. Nicht nur, dass ich ihrer gemeinsamen Zeit hinterhergetrauert habe (sie sind über 90 Prozent der Handlung getrennt), die beiden bekommen auch keine Möglichkeit, ihren Konflikt aus dem Weg zu räumen. Zwischen einem ganzen Land, das sie trennt, Krieg, Kämpfen und Hinrichtungen bleibt den beiden keine Chance, über den Verrat und ihre Zukunft zu sprechen, sodass ihre Wiedervereinigung (natürlich mit ganz vielen Ich-liebe-Dichs) am Ende etwas schal schmeckt. Hat Edyon seinen Groll einfach vergessen? Was hat sich verändert, seit March ins Exil geschickt wurde? Darüber wird einfach nie gesprochen. Was mich aber am meisten enttäuscht hat, ist die Entwicklung um Catherine und das Liebesdreieck. Mir ist generell schon aufgefallen, dass die Figuren hier wahnsinnig schnell mich "Ich liebe dichs" um sich schmeißen und von den wirklichen Emotionen beim Leser fast nichts ankommt. Dies hatte ich bislang noch nicht als sonderlich stören eingestuft, da es sich bei "Kingdoms of Smoke" um ein sehr handlungszentriertes Abenteuerbuch handelt und die Liebesgeschichten eher Beigabe sind. Außerdem schätze ich das bestimmt besonders negativ ein, da ich zuvor Leigh Bardugos Nikolai-Reihe gelesen habe, die genau das Gegenteil macht (hier wird fast nichts ausgesprochen, was die Gefühle viel intensiver und echter wirken lässt). Da Catherines Handlungsstrang sich gerade zu Beginn aber fast ausschließlich auf ihre Gefühle konzentriert und der Krieg fast in den Hintergrund gerät, kam ich nicht darum herum, mir die Konzeption der Liebesgeschichte nochmal genauer anzusehen. Und was ich da gefunden habe, hat mich leider so gar nicht überzeugt. Schon die gesamte Reihe über wurde ein Liebesdreieck zwischen Prinzessin Catherine, ihrem Leibwächter Ambrose und Catherines Verlobten Prinz Tzsayn in Aussicht gestellt. Nachdem Catherine und Ambrose sich im letzten Teil dann aber ihre Liebe gestanden haben, dachte ich eigentlich, ihre Entscheidung wäre in trockenen Tüchern und wir würden in diesem Finale davon lesen, wie sich Catherine als selbstständige Kämpferin bewährt, feststellt, dass sie keinen Prinzen an ihrer Seite braucht, um ihr Land zu retten und sich dann mit Ambrose gemütlich irgendwo niederlässt. Tja und dann kommt auf den ersten Seiten von "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" Tzsayn aus seiner Kriegsgefangenschaft zurück, verletzt und liegt mit Fieber im Bett und bittet Catherine, sich für Ambrose oder ihn zu entscheiden und sie.... entscheidet sich für Tzsayn! Selbst wenn man außen vorlässt, dass die Autorin über zwei Bände eine Liebesgeschichte zwischen Ambrose und Catherine vorbereitet, den Leser mit romantischen Szenen in Sicherheit gewogen und über Tzsayn nicht einen weiteren Gedanken verschwendet hat, ist diese Entscheidung äußerst fragwürdig. Denn wann bitte hätte sich Catherine in Tzsayn verlieben sollen? Die beiden haben, wenn es hochkommt, zwei Tage miteinander verbracht - der erste als sie in Tornia ein Tag vor ihrer Hochzeit angekommen ist, dann ist Tzsayn nämlich nach Rossarb in den Krieg gezogen und den zweiten, als Catherine ebenfalls nach Rossarb reist, bevor sie wieder aus der überrannten Stadt flieht. Und als sie zurückkommt, ist er schon gefangengenommen. Wann haben sich die beiden also bitte kennengelernt? Genau. Nie. Wurde sie von seiner Eloquenz überzeugt, als er mit Fieber im Bett liegt? Hat es ihr so sehr imponiert, dass er ihr eine Wahl lässt, wen sie heiraten will? Das lässt eigentlich nur die Schlussfolgerung zu, dass sich Catherine gar nicht in ihn, sondern in die Möglichkeiten, die Macht und das Leben verliebt hat, dass sie an seiner Seite haben könnte. Einmal Königinnen-Luft geschnuppert will sie ihre Macht nicht mehr für ein ärmliches Leben mit Ambrose aufgeben. Als sie den armen Tropf dann auch noch mit der Beteuerung abspeist, sie habe sich halt verändert und sei erwachsen geworden (in den letzten drei Tagen seit sie ihm ihre Liebe gestanden hat, oder was?) hat sie dann jegliche Sympathie von mir verspielt. Ganz Pitoria wirft ihr vor, machthungrig zu sein, was sie immer abstreitet. Tja und hier stellt sich heraus, dass die allgemeine Meinung über sie dann doch irgendwie zutrifft. Anstatt das zuzugeben und was Gescheites draus zu machen, stülpt die Autorin ihrer Geschichte aber dieses Liebesdreieck über und ertränkt alle Zweifel ihrer Leser in tausenden "Ich liebe dichs" zwischen den frischgebackenen Eheleuten Catherine und Tzsayn. Auch an Tzayns Glaubwürdigkeit kratzt das stark. Denn wer will schon eine Frau heiraten, die behauptete, mir dir verheiratet zu sein, um in deiner Abwesenheit das Land zu regieren und dabei einen anderen zu küssen? Und zwischen dem ganzen Drama geht die Handlung total unter - Ach man, das war alles einfach nur sehr schade! Als enttäuschend würde ich auch das letzte Drittel betiteln, dass es sich ein bisschen einfach macht: nicht nur, dass ich zu keiner Sekunde daran gezweifelt habe, dass es alle Helden unbeschadet ins Ziel schaffen, auch die vielen Probleme lösen sich von einer Sekunde auf die andere in Rauch auf (im wahrsten Sinne des Wortes). Eine wirkliche Überraschung gibt es nicht, militärische Strategien und Entscheidungen wirken zum Teil plump und unlogisch und das tatsächliche Ende kommt wahnsinnig abrupt. Plötzlich stand da einfach "Epilog" und mir wäre fast die Kinnlade heruntergefallen. Zwar wird im Epilog eine Menge geklärt und alles findet einen passablen Abschluss, dennoch bremst sich dieses Finale von 100 auf 0 in zwei Sekunden. Nach dem komplexen Auftakt und der hochspannenden Fortsetzung wirkt dieses Finale also insgesamt ein wenig undurchdacht und kommt außerdem behäbiger daher, als ich mir das von einem Reihenabschluss erhofft hatte. Bevor ich diese Rezension beende, will ich aber auch noch ein paar positive Punkte loswerden. Die vorherigen Abschnitte sind vor allem aus meiner Enttäuschung ob des verschwendeten Potentials geboren worden und stellen "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" weit negativer dar, als ich es eigentlich empfunden habe. Denn trotz der fast 500 Seiten hatte ich die Geschichte mal wieder in Rekordzeit verschlungen - ein Beweis dafür, wie kurzweilig auch Sally Greens Finale trotz aller Mängel geschrieben ist. So brutal wie Game of Thrones (abzüglich der Sex-Szenen), so orientalisch wie 1001-Nacht, ein paar Dämonen, eine grausame Verschwörung und starke Frauenfiguren - fertig ist das Erfolgskonzept, das fesselt und gut über die Durststrecken hinwegträgt. Sally Greens umschreibender, ausführlicher Schreibstil, der viel mit Bildern arbeitet (auch bei blutigen Szenen, die fast schon ins Gore-hafte tendieren) tut sein Übriges und man ist in der fremdartigen und doch bekannten Welt gefangen. Von dem her bin ich trotz des schwächeren Abschlusses der Reihe sehr froh, sie gelesen zu haben und bin sehr gespannt auf weitere Werke der Autorin! Fazit: Deutlich schwächer als Band 1 und 2: Nach dem komplexen Auftakt und der hochspannenden Fortsetzung wirkt dieses Finale schlecht durchdacht und kommt außerdem plumper daher, als ich mir das von einem Reihenabschluss erhofft hatte

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