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elena_liest

Posted on 15.5.2021

"Wir können innerhalb eined kapitalistischen Systems existieren und es gleichzeitig anprangern. Wir können Teil einer Gesellschaft sein, die Gefühle abwertet, und dennoch fühlen und mitfühlend sein. Wir können von unterdrückenden Strukturen umgeben und gleichzeitig Feminist*innen sein. Wir können uns in einer Welt voller Ungerechtigkeit befinden und uns dennoch erlauben, für uns selbst zu sorgen und uns besser zu fühlen - oder vielmehr: nicht dennoch, nicht trotzdem, sondern gerade deswegen." - Svenja Gräfen, "Radikale Selbstfürsorge. Jetzt! - Eine feministische Perspektive" Wenn ich seit letztem Jahr Instagram öffne und mich durch die Stories klicke, kommt es mir so vor, als wären alle dabei, sich selbst zu optimieren: alle machen Yoga, Meditation ist der heiße Scheiß, ohne einen Spaziergang scheint man gar nicht mehr existieren zu können und ach - eine neue Sprache lernt man halt auch mal noch eben dazu. Und was mache ich? Ich fühle mich schlecht, ausgebrannt, demotiviert. Svenja Gräfen setzt sich in ihrem Buch "Radikale Selbstfürsorge. Jetzt! - Eine feministische Perspektive" unter anderem mit diesem Ausgebrannt sein auseinander. Aber nicht nur das, sie arbeitet heraus, weshalb Selbstfürsorge eben so wichtig ist, und zwar nicht, um Kraft für die Lohnarbeit zu sammeln, sondern um für sich selbst und andere da sein und aktivistische Arbeit leisten zu können. Dabei stellt sie immer wieder klar, dass jeder Mensch anders ist, dass alle individuell entscheiden können, was sich gerade richtig und gut anfühlt - vielleicht hilft dir Yoga, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist ein Spaziergang genau das passende für dich, vielleicht tut es dir aber auch einfach gut, ein Buch zu lesen (😊). Self Care wird oft in einem rein kapitalistischen Kontext gesehen, dabei ist es essentiell, für sich selbst zu sorgen. Die Autorin unterteilt ihr Buch in verschiedene Themenkomplexe, wie z.B. Schlaf und Pausen oder Stress und Stressoren. Zwischen den Kapiteln finden sich immer wieder Illustrationen, was das Buch nochmals auflockert. Das hat mir sehr gut gefallen und ich fand es dadurch auch sehr einfach zu lesen. Was ich ein bisschen vermisst habe, war ein roter Faden. Ich hatte das Gefühl, dass die Themen oft durcheinander geworfen wurden und man sich irgendwie häufig in einem Gedankenknäuel befand - was natürlich verständlich ist, da die verschiedenen Facetten ja ineinander greifen. Trotzdem hätte ich mir da eine klarere Struktur gewünscht. Zudem hatte ich beim Lesen nicht wirklich oft einen "aha, das war mir neu"-Moment, obwohl ich mich mit Selbstfürsorge zuvor nicht häufig beschäftigt habe. Ich denke aber, dass das auch gar nicht der Anspruch der Autorin war, ich schätze, das Buch soll vielmehr ein "Reminder" sein, mehr an sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu denken. Ich mochte "Radikale Selbstfürsorge. Jetzt!" gerne und finde es durchaus lohnenswert, einen genaueren Blick in das Buch zu werfen - ein Ratgeber, der gut tut 📖

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