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Dreamworx

Posted on 29.3.2021

NIchts ist wie es scheint... 2018 Genf. Der Autor selbst erhofft sich, durch den Besuch in den Schweizer Alpen von einigen persönlichen Schicksalsschlägen etwas Abstand zu gewinnen. Er mietet sich im luxuriösen Hotel Palace de Verbier ein, doch an Erholung ist bald nicht mehr zu denken. Durch die Bekanntschaft mit seiner Zimmernachbarin, der Engländerin Scarlett Leonas, erfährt Joël Dickere eher zufällig von einem 15 Jahre zurückliegenden ungelösten Mordfall in Hotelzimmer 622. Doch dieses Zimmer gibt es gar nicht. Dicker und Leonas, beide neugierig geworden, machen sich auf Spurensuche und geraten dabei schnell in Turbulenzen… Joël Dicker hat mit „Das Geheimnis von Zimmer 622“ nicht nur einen sehr unterhaltsamen, spannenden Roman vorgelegt, sondern schildert die Handlung aus eigener Sicht, indem er sich selbst zum Protagonisten macht. Der flüssige, bildhafte und teils amüsante Schreibstil des Autors nimmt den Leser mit in die Schweizer Alpen, um mit Dicker einen alten Mordfall aufzuklären anstatt eine Auszeit zu nehmen. Während der Leser erst einmal einiges über die schriftstellerische Karriere Dickers erfährt, rollt dieser im Hintergrund langsam den alten Mordfall auf, indem er erst einmal die Protagonisten nebst ihren Lebensumständen auftreten lässt. Über wechselnde Zeitebenen wird der Leser dann Zeuge der Nachforschungen von Dicker und seiner Zimmernachbarin Leonas in der Gegenwart, sowie über die Entwicklungen 15 Jahr zuvor, wo nach und nach innerhalb der alten Bankiersfamilie Ebnezer eine aberwitzige Geschichte aus Verrat, Eifersucht, Rache, Intrigen, Gier und Machtspielchen entsteht, die letztendlich den Mord zur Folge hat. Dickers Talent, seine Handlung aus mehreren Perspektiven und mit vielen überraschenden Wendungen interessant zu gestalten, macht sich auch in dieser Geschichte wieder bemerkbar, denn der Leser steht konstant einigen Rätseln gegenüber, die es zu lösen gilt, was die Spannung immer weiter in die Höhe treibt. Bis man erst einmal weiß, um wen es sich bei dem Opfer handelt, landet man öfters allerdings auch in einer Sackgasse. Dem Leser wird durch gut konstruierte Verwicklungen konstant Konzentration abgefordert, bis der Fall schlussendlich aufgeklärt ist. Die vielen Charaktere sind sehr differenziert ausgestaltet und teilweise aberwitzig in Szene gesetzt, so dass der Leser sich schon bald auf dem Beobachtungsposten wiederfindet und seine eigenen Nachforschungen anstellt, um den Dingen auf den Grund zu gehen. Dicker selbst stellt sich nicht gerade als Sympathikus dar, während Scarlett immer etwas geheimnisvoll wirkt, resolut und vor Impulsivität strotzend. Der bunte Reigen der weiteren Protagonisten vereint so ziemlich alles in sich, was es an Tiefen, Untiefen und fragwürdigen Existenzen gibt. Neben Schiffbrüchigen, Mitläufern, Bösewichten und Racheengeln gibt es auch die Künstlerseelen und die Betrogenen. Doch muss der Leser sich die Mühe machen, ganz genau hinzuschauen, um ihre Maskerade zu durchbrechen, denn nichts ist wie es scheint. „Das Geheimnis von Zimmer 622“ unterhält mit einer spannenden Geschichte voller überraschender Wendungen und fordert dem Leser bei der Lektüre einiges an Kombinationsgabe ab. Liebe, Lug und Betrug werden hier sehr intelligent verwoben, so dass die Auflösung auch eine Erlösung ist. Brilliant und fesselnd bis zum Schluss. Absolute Leseempfehlung!

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