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sursulapitschi

Posted on 13.2.2021

Eigentlich kann es das gar nicht geben, ein Buch, das absolut jeden zu begeistern scheint. Ich bin mit einiger Skepsis an die Sache herangegangen. Und jetzt schreibe ich die 100ste euphorische Rezension? Nein, wir machen das anders. Ich schlage das Buch wahllos auf. „Menschen, die so eine sichtbare, unzulässige Kindheit haben, innerlich wie äußerlich, nennt man Kinder, man kann sie behandeln, wie man will, weil man nichts von ihnen zu befürchten hat. Sie besitzen Waffen und keine Masken, es sei denn, sie sind besonders pfiffig. Ich bin ein solches pfiffiges Kind, und meine Maske, auf die ich immer gut aufpasse, damit sie mir niemand wegreißt. Ist die Dummheit.“ Tove Ditlevsen ist in ein Milieu hineingeboren, das mit Poesie nichts anfangen kann. Es zählt, was zum Überleben wichtig ist bei Arbeiterfamilien in Kopenhagen, da ist keine Zeit für schöne Worte. „Dunkel ist die Kindheit, und sie winselt wie ein kleines Tier, das man in den Keller eingesperrt und vergessen hat.“ Sie erzählt von ihrer Kindheit in so fein gesetzten Worten, dass man sich fast jeden zweiten Satz notieren möchte. Es ist ein trauriges Buch, aber auch philosophisch und poetisch. Ab und an werden dezent und elegant historische Begebenheiten eingeflochten, die die 20er Jahre illustrieren. Dieses Buch ist ganz viel auf einmal, eine Biographie, ein Schicksalsbericht, eine Milieustudie, historischer Roman und nebenbei noch blanke Poesie. Ich bin beeindruckt und begeistert.

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