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sursulapitschi

Posted on 9.2.2021

Es gibt Bücher, die zu Recht Klassiker geworden sind. „1984“ steht ganz oben auf dieser Liste. Ich habe es vor Jahren in der Schule gelesen und war gespannt, ob es mich noch genauso packen kann und ob diese Neuübersetzung ein Gewinn ist. Ich weiß noch, dass ich es damals fasziniert in einem Rutsch gelesen habe. Jetzt fesselt es genauso, eine tolle Mischung aus bösem Humor, krassester Satire und hoffnungsloser Tristesse. George Orwell hat 1949 einen Überwachungsstaat ersonnen, der uns heute noch befremdet und in vielerlei Hinsicht wachrüttelt. Man fühlt sich an das Naziregime erinnert, wenn Menschen, die gegen das Regime arbeiten, vaporisiert werden. Und wenn dann Regierung und Presse eigene Wahrheiten verbreiten, sogar widersprüchliche Belege aus der Vergangenheit vernichten, sieht man wohin Fake News führen können und ist erschüttert. Manch gruselige Einzelheit in diesem Buch gemahnt auch an höchst aktuelle Probleme. Dieser Gesellschaftsentwurf geht in vielerlei Hinsicht an die Grenzen und spielt auch den zynischsten Gedanken durch bis zur letzten Konsequenz. Das hat damals Aufsehen erregt und trifft auch noch heute. „Es ist ausgeschlossen, dass es in unserer Lebenszeit noch zu irgendwelchen wahrnehmbaren Veränderungen kommt. Wir sind die Toten.“ Das ist knallhart, verstörend, und erbarmungslos. Ein Buch, das kein Blatt vor den Mund nimmt und einen umhaut. Ob es nötig war, den Text neu zu übersetzen, mag ich nicht beurteilen. Ich habe einige Textstellen verglichen und denke, das ist Geschmackssache. Optisch ist diese schön gestaltete Neuausgabe auf jeden Fall ein Gewinn. Umfangreiches Zusatzmaterial rundet das Leseerlebnis ab, wobei ich das kluge, erhellende Vorwort von Herrn Habeck lieber als Nachwort gelesen hätte. Es nimmt einiges vorweg, lesenswert ist es dennoch. „1984“ ist ein Buch mit Zündstoff, das offensichtlich zu jeder Zeit seine Wirkung entfalten kann, ein Buch, das man immer wieder lesen kann und sollte.

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