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Buchdoktor

Posted on 12.1.2021

Frauke Bolten-Boshammer ist 1947 als Bauerntochter in Schleswig Holstein geboren. Ihr Vater erzog seine Kinder nach dem frühen Tod seiner Frau eine Weile allein. Die Autorin ist zwar knapp kein Kriegskind mehr, jedoch durch einen Vater geprägt, der Kriegsteilnehmer im Zweiten Weltkrieg war und von dem erwartet wurde, keine Gefühle zu zeigen. Sie heiratet jung Friedrich Bolten, den Erben eines florierenden Gutshofes; das junge Paar gründet einen eigenen Bauernhof. Friedrich ist ein freundlicher, rücksichtsvoller Mann, dessen Abenteuerlust schon bald durchbricht. Ein Studienaufenthalt führt die Boltens mitsamt zwei Kleinkindern auf eine Farm in Simbabwe (damals Rhodesien) und weckt Friedrichs Interesse als Landwirt in anderen Klimazonen Nutzpflanzen anzubauen. Zu einer Zeit, in der in deutschen Bauernfamilien bereits heftig um die Rolle und die Gleichberechtigung von Bäuerinnen oder Hoferbinnen gestritten wird, hängt Friedrich Bolten noch der Rollenverteilung an, dass die Frau für Haushalt, Kinder und die Geburt eines Hoferben zuständig ist, der Mann jedoch alle Entscheidungen allein trifft. Diese Konstellation bringt die Boltens mit mittlerweile 3 Kindern 1981 auf eine Farm ins australische Outback bei Kunnunura, ohne dass Frauke zuvor gefragt worden ist. Angeblich werden sie nur 2 Jahre in Australien bleiben. Der Hof in Schleswig-Holstein wird von Freunden geführt, während Friedrich buchstäblich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schuftet. Als er sich mit den Tücken der Klimazone verschätzt und die Farm Oasis bankrott ist, nimmt Friedrich sich das Leben. Seiner Frau hinterlässt er in einem fremden Land ungeklärte Vermögensverhältnisse und eine ungewisse Zukunft. Entgegen den Erwartungen ihres Vaters und der Schwiegereltern kehrt Frauke jedoch nicht nach Deutschland zurück, sondern wagt im richtigen Moment den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit. In der Region sind Diamanten gefunden wurden, die zum Zeitpunkt eines gerade beginnenden Tourismus ungeahnte Chancen für eine Existenzgründung bieten. Friedrich Bolten hatte im äußersten Norden Australiens den idealen Ort gefunden, war seiner Zeit jedoch einige Schritte voraus, wird ihr Sohn Friedrich rückblickend feststellen. Frauke Bolten-Boshammer hat auf drei Kontinenten gelebt, fünf Kinder geboren und nach harten Schicksalsschlägen in Australien eine zweite große Liebe gefunden. Wie aus der jungen Mutter, deren Mann allein über das Schicksal seiner Familie entschied, über 40 Jahre hinweg eine kluge Geschäftsfrau und Patriarchin einer großen Familie wurde, erzählt Frauke Bolten-Boshammer gemeinsam mit einer Co-Autorin. Ihr Buch berichtet jedoch nicht nur vom heimlichen Reichtum des Outbacks, der Großzügigkeit seiner Menschen (S. 163), sondern porträtiert auch eine deutsche Frauengeneration, deren Haltung oft bereits von ihren Enkelinnen nicht mehr verstanden wird. Als Romanstoff würde Frauke Boltens Verhältnis zu ihrem ersten Mann bei jüngeren Leserinnen inzwischen Kopfschütteln hervorrufen. Wie konnte sie sich ohne Einsicht in die finanzielle Lage auf dieses Unternehmen nur einlassen, wird sich mancher heute fragen. Aber welche Alternative hätte sie gehabt? Mit dem Wissen, dass das Thema Selbstmord mit allen Folgen für die Hinterbliebenen in Bolten-Boshammers Biografie eine entscheidende Rolle spielt, warten auf ihre Leser hier abenteuerliche, urkomische und hochemotionale Szenen. Das Buch ist spannend zu lesen, jedoch spürbar für den australischen Markt verfasst. Sprachlich wirkt der übersetzte Text hölzern, weil er zu nah am englischen Original bleibt und der englische Satzbau zu stark durchscheint. Als Schriftsprache macht dieser zurückübersetzte Sound einen Text zu schwer verständlich.

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