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Buchdoktor

Posted on 2.1.2021

Im Mittelpunkt des Einstiegsbandes der Serie steht Niels Oxen, der höchstdekorierte Elite-Soldat Dänemarks. Auf Oxen treffen alle Merkmale eines traumatisierten Kriegsveteranen zu. Eine Therapie hat Oxen abgebrochen, weil er der Meinung war, dass seine Therapeutin nichts vom Krieg versteht. Er zieht sich mit seinem Samojedenspitz Mr Whitey in die dänischen Wälder zurück, wo er sich zukünftig als Mülltaucher durchschlagen will, der von Lebensmitteln aus Müllcontainern lebt. Doch weil Oxen sein Lager ausgerechnet auf dem Schlossgelände des einflussreichen Vorstandes eines liberal ausgerichteten Thinktanks aufschlägt, gerät Oxen in Schwierigkeiten, als der Besitzer tot aufgefunden wird. Ex-Botschafter Corfitzen ist nicht der erste Tote einer Serie, doch inzwischen zeichnet sich eine auffällige Handschrift ab, für die jeweils der Hund des Getöteten eine Rolle spielt. Der pensionierte Diplomat hatte in seiner Karriere mehrere Posten in Ostblockstaaten und nutzt inzwischen die Abgeschiedenheit und sein persönliches Netzwerk für wohltätige und andere Zwecke. Dass der Polizeipräsident sofort persönlich angerauscht kommt, wenn ein älterer Herr unter dubiosen Umständen ums Leben kommt, wundert die Beteiligten. Stärker noch könnte man sich wundern, dass Mossman den unangepassten Kriegshelden Oxen für ein üppiges Honorar inoffiziell ermitteln lassen will. Oxens Lebenslauf umfasst ein kurzes Gastspiel bei der Polizei; es gibt im kleinen Dänemark also einige Figuren im System, die ihn seit damals kennen. Oxen soll nur mit Margrethe Franck zusammenarbeiten, einem Lara-Croft-Typ, die im Dienst schwer verletzt wurde und auch mit einigen Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat. Berichterstattung wünscht der Polizeipräsident allein an sich selbst. Margrethe und Oxen lassen sich beide nicht gern in die Karten sehen und trauen einander anfangs nicht über den Weg. Mit doppelter Absicherung gegeneinander sind die Morde mit Hund jedoch nicht aufzuklären. In einem raffiniert geplotteten Szenario suchen Oxen und Margrethe nach den Verknüpfungen zwischen den Getöteten und danach, wem die Taten nützen. Lange bleibt unklar, wer von dem außerdienstlichen Auftrag profitiert und ob Oxen nicht auch nur ein Bauernopfer ist. Von einem Thriller erwarte ich ein interessantes Setting, überzeugende Figuren und weniger reine Thriller-Elemente. Routinierteren Thrillerlesern mögen die Thriller-Elemente hier zu sparsam eingesetzt sein. Oxen als ramponierter Kriegsheld mit abgebrochener Polizeiausbildung im Team mit einer ebenfalls lädierten Ermittlerin waren für mich als Figuren spannend genug, um den Thriller direkt aus dem Briefkasten sofort innerhalb von zwei Tagen zu lesen. Das Setting mit einem Old-Boys-Network einflussreicher Männer, die auf großzügigen Ländereien ungestört krumme Geschäfte abwickeln, ist im Thriller-Genre nicht neu, aber überzeugend aufgebaut. Dass besondere Fähigkeiten wie Tauchen oder Russischkenntnisse im Thriller stets sofort auftauchen, sowie sie benötigt werden, nehme ich hier nicht krumm. Im Mittelpunkt stand für mich Oxens traumatisierte und unangepasste Persönlichkeit, die vor dem Hintergrund des Jugoslawienkriegs für meinen Geschmack differenziert gezeichnet wurde.

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