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kupfisbuecherkiste

Posted on 2.7.2020

Während die Nazis eiskalt Deutschland im Griff haben, erhält Helene Bodenkamp einen Job beim NSA, dem Nationalen Sicherheits-Amt, welches in Weimar seinen Sitz hat. Dort lernt sie aufgrund ihrer guten Leistung in der Schule einen Job als Programmierin (Strickerin), und wird in ihrem Job ausgebildet und gefördert. Doch langsam dämmert ihr: sie ist eine Marionette einer Maschinerie geworden, die alles daransetzt, den Nazis zur Seite zu stehen. Doch ihr Marionettendasein lässt Helene nicht auf sich sitzen, und manipuliert die Daten so, dass ihre Freunde geschützt bleiben. Gleichzeitig muss sich Helene mit Eugen Lettke auseinander setzen. In der Jugend wurde Lettke von Mitschülern bei einem Jugendtreffen übers Ohr gehauen, und leidet noch sehr lange darunter. Dank der NSA kann er die damaligen Beteiligten ausmachen, und rächt sich auf perfide Art und Weise an den weiblichen Beteiligten. Um an die Damen heranzutreten, benötigt er die Hilfe von Helene, die ihm – obwohl das eigentlich Frauensache ist – das Programmieren beibringt. Sie wundert sich zwar, doch da sie auf peinliche Weise mit Lettke zusammen gerasselt ist, hütet sie sich davor, sich mit Lettke weiter anzulegen. Eschbach hat wieder bewiesen, dass er einer der ganz großen Autoren ist! In der heutigen Zeit der sozialen Netzwerke (im Buch als Forum zu erkennen), der Datensammlungswut in Form von Kundenkarten, Standortermittlung usw. mag man sich gar nicht mehr ausmalen, welche Ausmaße diese Datenkraken nehmen können. Daten werden gesammelt, weiterverkauft, ohne dass man weiß, wann, wo und in welcher Form diese Daten gegen einen verwendet werden kann. Viele amüsieren sich darüber, welchen Sinn es haben kann, wenn man weiß, welche Marke oder wieviel man von Klopapier kauft, und das bei einer Kundenkarte gespeichert wird. Nun, im Buch lässt Eschbach anhand von Kalorien eine jüdische Familie auffliegen. Anhand von Foreneinträgen werden Systemkritiker eliminiert. Auch das findet heutzutage in ähnlicher Form Anwendung. Eine falsche bzw. negative Aussage in sozialen Netzwerken gegenüber einem Arbeitgeber kann negative Folgen für das Arbeitsverhältnis haben. Wie leichtsinnig geht man mit den Daten um, die man streut? Und einmal in falsche Hände gelangt, können diese Daten großen Schaden anrichten. Anhand des Beispiels Datenkrake im zweiten Weltkrieg erklärt Andreas Eschbach sehr eindringlich, was passieren könnte. Als ich das Buch beendet hatte, hatte ich nur einen Gedanken: bitte lass dieses Ausmaß nie erreicht werden. Was mir an diesem Buch besonders gefallen hat war, dass Eschbach seine Geschichte so präsent in wahre geschichtliche Ereignisse platziert hat. Er hat die geschichtlichen Ereignisse für seine Geschichte angepasst. So wurde Anne Frank und ihr Tagebuch gefunden und deportiert aufgrund der Datenerhebungen, und nicht, weil sie vermutlich verraten wurde. Ebenso die Geschwister Scholl: während die Geschwister Scholl in Wirklichkeit erschossen wurden, dürfen sie im Buch weiterleben. Auch das Cover ist präzise gestaltet, und passt farblich wie von der Aufmachung her zum Buch. Eschbachs Buch hinterlässt einen schalen Geschmack, wenn man mal wieder die sozialen Netzwerke abgrast, um vermeintliche Neuigkeiten zu erheischen, und man sich innerlich fragt: Welche Spur hinterlasse ich heute?

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