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lichterregen

Posted on 20.6.2020

„[...] damit sie mit eigenen Augen sah, das Liebe nichts mit dem zu tun hat, worauf man blickt, sondern es nur darum geht, wer darauf blickt.“ Seite 20 „>>Sie brauchen Gerechtigkeit.<< Ruth bleibt stehen, sieht mich aber noch immer nicht an. >>Sie meinen Gleichheit?<< >>Nein, ich meine Gerechtigkeit. Gleichheit bedeutet, jeden gleich zu behandeln. Aber Gerechtigkeit berücksichtigt Unterschiede, sodass jeder eine Chance auf Erfolg hat.<< Ich sehe sie an. >>Das Erste klingt gerecht. Das Zweite ist gerecht. [...]<<” Seite 540 Unabhängig von der aktuellen Thematik war dieses Buch schon lange auf meiner Leseliste und wäre mein nächstes Buch geworden. Und dieses Buch hat mich so gefesselt und in seinen Bann gezogen, dass ich am liebsten durchgängig nur gelesen hätte. Es ist für mich ein großes Highlight in diesem Jahr und wird mich nicht nur einige Zeit gedanklich begleiten. Die Erzählweise fand ich phänomenal, denn es lässt einem nicht nur in Ruth, der Hebamme, der aufgrund ihrer Hautfarbe soviel unrecht getan wird, einfühlen, sondern auch in die weiße Pflichtverteidigerin Kennedy und in den rechtsextremen Skin-Head Turk. Und obwohl ich seine Einstellungen zutiefst verabscheuend finde, es gab tatsächlich Passagen im Buch, die in mir sowas wie Mitgefühl und teils auch Nachvollziehbarkeit geweckt haben. Nur das Ende um Turk war mir etwas zu viel des Guten und hätte für mich nicht sein müssen. Was ich dagegen sehr gelungen fand, waren die Einblicke in die Vergangenheit von Ruth und Turk. Auch die Szenen zum Alltagsrassismus, die sich Ruth und ihr Sohn Edison stellen müssen ist so ehrlich dargestellt und schockierend. Mir fehlen die Worte, wenn ich daran denke, dass sowas nicht die Ausnahme, sondern mehr die Regel ist. Wahnsinnig gelungen fand ich außerdem den Prozess, es ist erschreckend, wie leicht man Dinge verdrehen kann, damit sie zur eigenen Argumentation passen. Wie nah die Schilderung an der Realität des amerikanischen Rechtssystems sind kann ich nicht beurteilen, aber es war sehr spannend zu verfolgen. Die Entwicklung von Kennedy zum Ende des Buches hat mir ebenfalls sehr gefallen, wie auch die Darstellung von Edison, der auf der einen Seite eine große Stütze für seine Mutter ist, andererseits aber auch eine andere Seite zur Schau stellt, was ihn sehr authentisch für mich macht. Fazit: Ein Buch, dass so viel aussagt, so fesselnd und mit sehr authentischen Charakteren ist, das zum mitfiebern und schockierend über Rassismus spricht und einem zum Nachdenken und überdenken von eigenen Handlungen anregt. Auf jeden Fall ein Buch, dass man gelesen haben sollte. Passend dazu ein Zitat von Benjamin Franklin, welches zu Beginn des Buches zu finden ist und was man sich zu Herzen nehmen sollte: >>Der Gerechtigkeit kann keine Genüge getan werden, solange nicht die Nichtbetroffenen genauso große Empörung empfinden wie die Betroffenen selbst.<<

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