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bella5

Posted on 9.5.2020

Spannende Geschichtslektion 1837 tritt die Schottin Fiona Hemington eine Reise nach Inverness an. Sie wird jedoch nie an ihrem Zielort ankommen, da ihre Kutsche überfallen wird. Fiona gelingt die Flucht in die schottischen Highlands. Mit letzter Kraft klopft sie an die Tür eines heruntergekommenen Herrenhauses. Thirstane Manor ist ein düsterer Ort, und auch die Bewohner des Hauses findet Fiona seltsam. Der Hausherr, Laird Aidan Thirstane, beschäftigt nur wenige Angestellte. Er ist stets dunkel gekleidet und mürrisch. Wieso verhält er sich ihr gegenüber so abweisend und weshalb spricht die Wäscherin Elspeth von Spuk und Geistern? Fionas Aufenthalt in den Highlands soll ihr Schicksal entscheidend beeinflussen… „Melodie der Schatten“ ist ein historischer Roman, der diese Bezeichnung (im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Genres) tatsächlich verdient. Hier wird kein „Histokitsch“ präsentiert; die kulturgeschichtlichen Hintergründe und die sozialhistorischen Fakten wurden sauber recherchiert. Die Geschichte ist spannend, en passant kann man eine Menge lernen. Geschichtsinteressierte kommen voll auf ihre Kosten! Auch Literaturliebhaber werden von den Querverweisen begeistert sein. Die Autorin betreibt jedoch kein schnödes „Recycling“. Maria W. Peter ist unglaublich gebildet und belesen, dies merkt man dem Roman auch an. Während der Lektüre musste ich an „Jane Eyre“, den „Untergang des Hauses Usher“ oder auch an Edmond Dantès denken. Klassische Elemente des britischen Schauerromans werden in die Geschichte eingewoben, man sollte jedoch keine typische Gothic Novel erwarten. Weniger Pathos in der Exposition hätte mir gefallen, ab Kapitel vier ist davon zum Glück aber nichts mehr zu spüren. Die Lektüre fand ich persönlich auch nicht gruselig. Vom eigentlichen Handlungsverlauf möchte ich an dieser Stelle aber nicht viel verraten, um nicht zu spoilern. Formal ist das Buch in zwei Teile gegliedert, die story ist gut strukturiert, und es gibt Wendungen im Roman. Ich liebe plot twists! Die Protagonistin Fiona gewinnt im Laufe der Geschichte an Reife. Diese Wandlung ist plausibel und glaubwürdig: Aus dem unsicheren jungen Mädchen wird eine selbstbewusste Frau. Darüber habe ich mich besonders gefreut! Auch die anderen Protagonisten sind interessant, ich hätte mir jedoch eine umfassendere Charakterisierung gewünscht, obwohl ich nicht behaupten kann, dass die Figuren eindimensional seien. Vielleicht hätte mich die Geschichte dann emotional berührt. Irgendwie konnte ich zu den Figuren keine Bindung aufbauen, was ich schade fand. Vielleicht lag es auch am Stil. Manche Szenen fand ich fast ein wenig konventionell, ich möchte jedoch betonen, dass die „Melodie der Schatten“ ein absolut originelles Werk ist, in welchem historisches Unrecht richtig eingeordnet und mit großer kultureller Sensibilität bewertet wird. Auch die gälischen und lateinischen Einsprengsel fand ich klasse oder auch die Einsicht, dass Gesundheit und Krankheit (beziehungsweise der Umgang damit) manchmal nur vom Blickwinkel abhängen. Fazit: Schottland als Ort der Handlung ist schwer zu toppen. Die Geschichte ist spannend und es gibt meines Erachtens keine Längen in der Erzählung. Besonders gut gefiel mir der Epilog, und obwohl mich der Roman eher in intellektueller als in emotionaler Hinsicht angesprochen hat, bereue ich die Lektüre keineswegs, da die Figuren durchaus interessant sind. Ein absolut lesenswertes Nachwort (das jedoch unbedingt nach der Lektüre gelesen werden sollte!) und eine Auswahlbibliographie runden das Ganze ab und animieren zur Eigenrecherche. Für „Die Melodie der Schatten“ vergebe ich daher viereinhalb von insgesamt fünf möglichen Sternen.

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