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sinnesgleich

Posted on 11.4.2020

"Weil ein gebrochenes Herz keine komplizierte Aufgabe ist, die man lösen kann, denkt man nur lange und ehrgeizig genug darüber nach." Als Alex sein Abitur besteht, möchte er vor allem eines: so schnell wie möglich raus aus der Provinz und rein in die Großstadt. Soweit so gut, war das Vorhaben doch erfolgreich und sein neuer Lebensmittelpunkt nun Berlin. Mittlerweile dreißig und wieder Single, sieht sein Leben jedoch nicht so aus, wie er es sich in all seinen Tagträumen damals, in seinem Kinderzimmer, vorgestellt hat. Also was tun bei Liebeskummer und genereller Unzufriedenheit? Zurück in die Kleinstadtidylle zu den Eltern! Hier muss sich Alex jedoch schnell eingestehen, dass die Flucht aufs Land weder die Lösung seiner Probleme ist, noch das alle seine Rückkehr nach so langer Zeit mit großer Begeisterung auffassen. Hach was soll ich sagen? Ich mochte alles an dieser Geschichte. Den Protagonisten, den Schreibstil und Wesslings Humor. Niemals hätte ich gedacht, dass es möglich wäre ein so trauriges Thema wie Liebeskummer über so viele Seiten hinweg auszubreiten, ohne das es nach wenigen Seiten langweilig wird. Nebenbei spricht die Autorin noch andere wichtige Themen wie mentale Gesundheit, Selbstakzeptanz und Selbstfindung an. Der Schreibstil ist modern, poetisch, sarkastisch und dabei so schön bildhaft. Obwohl ich selbst noch nie in solch einer Situation war, konnte ich Alex´ Gefühle in jeder Sekunde nachempfinden. Auch wenn er eigentlich die ganze Zeit im Selbstmitleid versinkt, war es nicht nervig oder unangenehm seinen melodramatischen Ausführungen zu folgen. Viel eher konnte man sich darin suhlen, sich einwickeln in einem Gefühl, dass man in diesem Moment mit Alex zu teilen glaubt, einzig möglich durch diesen wunderbaren Schreibstil. Auch die Perspektive hat mir gut gefallen. Es war schlichtweg sehr erfrischend das Ganze aus der Perspektive eines männlichen Protagonisten zu lesen. Mir gefällt das hier ein Klischee aufgebrochen wird. Denn solche Gefühle sind weder für das eine noch das andere Geschlecht typisch, sondern einfach menschlich. Auch das ein oder andere Tränchen blieb mir am Ende nicht erspart, denn Alexanders Charakterentwicklung ist einfach großartig und ich habe mich am Ende unglaublich für ihn gefreut. Fast wie eine stolze Mutter, hätte ich ihm am liebsten anerkennend auf die Schulter geklopft. Wesslings Roman ist ein Abbild einer Generation, die stets auf der Suche nach etwas ist. Nach sich selbst, nach einer Heimat, nach Akzeptanz. Eine Geschichte darüber, was passiert wenn man mal vom Weg abkommt und nicht sofort wieder zurückfindet, und wieso das eigentlich alles gar nicht so schlimm ist. Denn manchmal muss man einfach mal loslassen und sich selbst Zeit geben. In meinem Herz ist ganz schön viel passiert während "Nix passiert", und ich kann das Buch nur jedem ans Herz legen!

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