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mme_corinna

Posted on 29.2.2020

Ich reise, also bin ich. Ich reise, um zu erkennen. Olga Tokarczuks Buch „Unrast“ kreist um den Menschen, der in Bewegung ist. Da gibt es die fast tagebuchartigen Reflexionen über Zeit, Reisen und den Menschen, der die Raum-Zeit-Veränderung beim Reisen erfassen muss. Dazwischen immer wieder lose Erzählstränge von Menschen, die sich mit der Konservierung der Zeit befassen (wie kann man einen menschlichen Körper konservieren) oder durch eine Reise eine neue Richtung in ihrem Leben eingeschlagen haben. Da ist Kunicki, der auf einer sommerlichen Kroatienreise Frau und Kind zunächst verliert, die jedoch später wieder bei ihm auftauchen. Die Zwischenzeit zwischen „Verlust“ und „Wiederfinden“ setzen ihm jedoch sehr zu. Anouschka, die auf Reise in ihrer eigenen Stadt geht und durch den Perspektivwechsel von Wohnungsbewohner zu Obdachloser eine Reise in ein neues Leben macht, bevor sie wieder in ihr bekanntes Terrain zurückkehrt. Philip Verheyen, der ein Meister der Konservierung war und sich mit seinem amputiertem Bein befasst. Das Buch besteht aus Textfragmenten, die in sich abgeschlossen ein Sinn ergeben. Das erleichtert zunächst den Einstieg, kann jedoch gleichzeitig irritierend sein, da man zunächst wenig die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Fragmenten erkennt. Je weiter man jedoch liest, desto mehr treten die Hauptthemen „Reisen“ und „der Mensch im Raum-Zeit-Kontinuum“ als Hauptthemen heraus. Insgesamt eine gute Lektüre, die einen jedoch aufgrund der Fragmentierung etwas ratlos zurücklässt. Die Geschichten fühlen sich nicht "auserzählt" an und man wartet stets noch auf die Auflösung der unterschiedlichen Erzählstränge.

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