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bella5

Posted on 10.2.2020

"Feigen in Detroit" handelt von der Libanesin Fatima und ihrer Familie. Wie der Titel bereits erahnen lässt, ist das Gros der Handlung in den USA angesiedelt. Die Autorin Yunis greift auf das allseits bekannte "1001 Nacht" - Motiv zurück und dreht den Spiess um: Sheherazade lässt erzählen - Fatima soll aus ihrem Leben berichten. Der Roman verspricht ein furioses Familienbuch zu werden, der Anfang verspricht beste Unterhaltung. Nach und nach werden die Personen eingeführt; eine Konstante scheint einzig Amir, der Lieblingsenkel, bei welchem Fatima wohnt, zu sein. Episodenhaft erfährt der Leser vom Leiden und Leiden der Sippe. Auch ein Seitenhieb auf den 11. September darf nicht fehlen.Dubiose Agenten bespitzeln den Schauspieler Amir, der seinerseits meist als arabischer Terrorist besetzt wird. Positiv ist, dass der Roman unglaublich humorvoll beginnt, und dass das Ende recht überraschend ist. Jedoch fehlt dem Roman die erzählerische Tiefe. Ich hatte mich auf einen klugen Roman über Interkulturalität und hybride Identitäten eingestellt,ich hatte gehofft, die Autorin würde aus multiplen literarischen Traditionen schöpfen. Obschon Yunis mit ihrem Roman die Heterogenität menschlicher Lebensentwürfe betont, arbeitet sie teils mit Klischees, wenn sie die amerikanische Mehrheitsgesellschaft beschreibt. Die Geschichte wird durch die permanenten Perspektivwechsel fragmentiert. Deshalb hätte ich es besser gefunden, wenn Yunis ihren Roman als Kollektion von short stories veröffentlicht hätte. Verblüffend fand ich ferner die Tatsache, dass an der deutschen Übersetzung gleich zwei Übersetzer arbeiteten, aber niemand mit arabischen Sprachkenntnissen. Dies führt mich zu den Formalia: ich hätte mir Fussnoten für die arabischen Termini gewünscht. Fazit: Ich vergebe ein "Gut", der Roman konnte meine hohen Erwartungen letztendlich aber nicht erfüllen.

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