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seehase1977

Posted on 4.2.2020

Fitz Loney ist Doktorand in Harvard im Fachbereich Psychologie. Immer wieder hört er von den regelmäßigen LSD-Partys seines Professors Tim Leary und wünscht sich nichts sehnlicher, als eine Einladung zu einer dieser Sessions. Fitz erhofft sich dadurch einen lohnenden Karrieresprung, denn seine kleine Familie kann sich nur mit Mühe über Wasser halten. Als er endlich im Kreis der Auserwählten ankommt, merkt Fitz schnell, dass Timothy Learys Ziele wenig mit wissenschaftlicher Forschung gemein haben, doch da steckt er schon mittendrin im Drogenrausch, wird mitgerissen von Learys Visionen. Zusammen mit Frau und Sohn schließt sich Loney seinem LSD-Guru und dessen Mitstreitern an, sie leben in Mexiko und später in einer berühmten Kommune und ihr Leben nimmt eine Wendung, mit der sie niemals gerechnet hätten… Meine Meinung: Der Autor T.C. Boyle hat es bereits mit seinem Roman „Die Terranauten“ und den „Good Home: Stories“ in mein Bücherregal geschafft. Sein neuester Roman „Das Licht“ hat mich, wie sicher viele Leser vor mir auch, vor allem aufgrund des großartigen Covers angesprochen. Boyle vermischt einmal mehr gekonnt Wahrheit und Fiktion und erzählt eine schillernde und berauschende Story, dich mich aber nur teilweise in den Sog des vielversprechenden Covers zu ziehen vermag. „…unvermittelt erwachten alle Objekte im Raum zum Leben, als hätten sie ein Herz un würden von Blut durchströmt: Kommode, Bücherregal, Orientteppich, Schaukelstuhl, Sessel, das Seestück über dem Kamin – alles bebte, bewegte sich, warf Licht durch den Raum, und er sagte: Ich glaube es fängt an zu wirken…“. Der Roman startet interessant mit der Entdeckung von LSD durch den Chemiker Albert Hofman im Jahr 1938 und mit dem Sprung in die 60er Jahre, wo der Psychologie-Professor Timothy Leavy zusammen mit einer Gruppe von auserwählten Personen LSD-Partys abhält, um eine Revolution des Bewusstseins und eine von sozialen Zwängen losgelöste Lebensform zu erzielen. Meine Erwartungen, nämlich zu erfahren, was genau die Menschen in solche Experimente treibt, was die Einnahme von Drogen psychologisch in ihnen auslöst und sie schließlich in die Abhängigkeit führt, werden im Großen und Ganzen enttäuscht. Ich hätte mir hier tiefere Einblicke in die Psyche der Menschen gewünscht. Die Beschreibungen der Sessions, die Ausschweifungen, die Alkohol- und Sex-Exzesse die immer ausufernder werden, sind anfangs noch interessant und aufregend zu lesen. Das Leben in der Kommune, fernab von allen Konventionen und Einschränkungen durch die Gesellschaft. Jeder liebt jeden, alles ist locker und losgelöst, es gibt keine Regeln. Die Partys werden größer, hemmungsloser und exzessiver. Doch irgendwann wiederholt sich alles und die Beschreibungen der Trips und das Leben in der Kommune werden bald ermüdend. Timothy Leary, der Guru der Hippie-Bewegung, war für seine Anhänger ein Held, für mich war er es definitiv nicht. Angeblich war Leary gegen einen unkontrollierten Drogenkonsum, verlangte einen verantwortungsvollen Umgang mit den bewusstseinsverändernden Substanzen und war zudem davon überzeugt, dass das Entstehen von Psychosen durch Psychedelika verhindert werden könne. Diese Gedanken und Ideale kamen aber in Boyles Erzählungen leider nur ansatzweise bei mir an. Auch die fiktiven Charaktere konnten mich nicht überzeugen, alle bleiben seltsam blass, sind unsympathisch und haben wenig Tiefgang. Allgemein hat mich ihr ganzes Verhalten zunehmend genervt. Ihre Handlungen und Gedanken konnte ich oft nicht nachvollziehen, ebenso wenig wie ihr Egoismus und die Verantwortungslosigkeit, vor allem ihren Kindern gegenüber. Nichts war mehr wichtig, nur noch die Aussicht auf den nächsten Trip und den dadurch entstehenden Rausch. Was mich aber nach wie vor bei Romanen von Boyle fasziniert ist seine Schreib- und Erzählweise. Er versteht es, Bilder im Kopf entstehen zu lassen, die oft bizarr und schräg sind. Er jongliert mit Worten und schafft es damit doch irgendwie immer, mich zu fesseln. Ob er in diesem Fall nur sehr gute Recherchearbeit geleistet hat oder doch auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann, bleibt wohl das Geheimnis des Autors. Mein Fazit: Die Lektüre von „Das Licht“ vom amerikanischen Autor T.C. Boyle hat mir Höhen und Tiefen beschert, mich hin- und hergerissen in meiner Meinung über das Buch. Mal war ich total fasziniert und gefesselt, dann wieder gelangweilt und genervt. Die von mir erwartete Sogwirkung, das Lesen wie im Rausch, ist ausgeblieben, dennoch strahlt die Story gerade genug Faszination aus, um bis ans Ende durchzuhalten. T.C. Boyles Roman bot mir leider nur einen durchwachsenen Lesetrip, hier eine Empfehlung auszusprechen oder nicht, fällt mir schwer. Meiner Meinung nach muss diese Erfahrung jeder für sich selbst erleben.

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