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DasIgno

Posted on 22.5.2019

Im Frühjahr 1998 wird im Frankfurter Stadtteil Gallus der 13-jährige Tobias Brüning getötet und grausam verstümmelt. Die Ermittlungen, obwohl langwierig und umfassend, verlaufen im Sand, die Tat kann nicht aufgeklärt werden. 2013 kontaktiert Rudi Ferres, damals Leiter der SoKo »Tunnel« Marthaler und bittet ihn, ihn in Frankreich zu besuchen. Es gebe neue Erkenntnisse im Fall Tobias Brüning. Während die Mordkommission total überlastet ist, weil es im Vorfeld eines Besuches Barack Obamas zu einem Anschlag auf ein Restaurant gekommen ist, reist Marthaler dem alten Fall hinterher. Als im Grenzgebiet zwischen Rheinland Pfalz und Hessen wenig später die Leichen zweier ebenfalls grausam verstümmelter Jungen gefunden werden, nimmt der alte Fall wieder Fahrt auf. ›Menschenfischer‹ erschien 2017 als sechster und aktuell jüngster Band in Jan Seghers Reihe ›Kommissar Marthaler ermittelt‹. Das Buch umfasst 432 Seiten und wird bei Rowohlt unter dem Imprint Kindler verlegt. Die Geschichte spielt im Jahr 2013, zwischen dieser und der des vorhergehenden Bandes liegen also etwa fünf Jahre. Im ersten Teil nehmen Rückblenden auf den Mordfall Tobias Brüning in 1998 einen erheblichen Raum ein. Der Fall ist stark angelehnt an den Mordfall Tristan Brübach, der damals weit über Frankfurt hinaus Aufsehen erregte und bis heute ungeklärt ist. Die Geschichte, die Seghers darauf aufbaut, ist allerdings wie gewohnt fiktiv. In der Rahmengeschichte hat sich in den fünf Jahren wenig getan. Marthaler ist weiterhin mit Tereza zusammen, die aber noch einen Partner in Prag hat. Mit diesem erwartet sie nun ein Kind, weshalb sie ihn nun heiraten will und die Beziehung mit Marthaler beendet. Der stürzt sich, wie gewohnt, in die Arbeit. Hier ist er weiterhin Leiter der zweiten Mordkommission, hauptsächlich aber einziger Mitarbeiter der Cold-Case-Unit, wodurch die restlichen Mitarbeiter auch in diesem Buch eher Nebenrollen spielen. Sabato ist zwar noch recht präsent und im Rahmen der Ermittlungen zu den zwei aktuellen Fällen wird auch die MK1 wieder tätig, daneben aber auch Ermittler aus Wiesbaden und St. Goarshausen, so dass für die früheren Hauptcharaktere weit weniger Raum bleibt. Das ist ein bisschen schade, aber gerade mit Rudi Ferres, dem früheren SoKo-Leiter, und Kizzy Winterstein vom Polizeipräsidium Wiesbaden füllt Seghers diese Lücke mit sehr sympathischen Charakteren. Und auch der Fall ist Seghers wieder sehr rund gelungen, obwohl er wirklich umfangreich ist. Ein bisschen schade fand ich, dass ihm am Ende gefühlt ein wenig die Seiten ausgingen. Nachdem die Fälle bis über die Mitte des Buches hinaus wirklich sehr detailreich und liebevoll aufgebaut werden, entwickelt sich die Geschichte danach doch eher zum Spurt – gerade am Ende. Da hätten ein paar Seiten mehr nicht geschadet. Allerdings geht nichts relevantes verloren; die Geschichte bleibt stimmig und nachvollziehbar, es geht halt einfach nur ein bisschen schnell. Mit hineinspielen mag da, dass Seghers, bis die Fälle fertig aufgebaut sind, drei Handlungsstränge und dazu die Rückblende führen muss, das nimmt natürlich Platz. Trotzdem ist ›Menschenfischer‹, gerade wegen des komplexen Fallgebildes, wieder ein toller Hessenkrimi, dem eine erhebliche Recherchearbeit zugrunde liegt. Auch deshalb kann ich ihn nur empfehlen und freue mich auf weitere Bände in der Reihe.

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