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DasIgno

Posted on 14.5.2019

In einem Bergdorf im Elsass entdeckt die Madame Fouchard auf ihrem kleinen Bauernhof ein verwahrlostes Mädchen und nimmt sich ihrer an. Sie ist außergewöhnlich schön, benimmt sich aber eigenartig. Als die Bäuerin stirbt, verschwindet auch das Mädchen aus dem Dorf. Im Frankfurter Stadtpark wird die übel zugerichtete Leiche eines jungen Mannes entdeckt. Wenig später taucht sein Wagen mit einer zweiten Leiche im Kofferraum auf. Kommissar Marthaler und seine Kollegen tappen im Dunklen. Doch je weiter die Ermittlungen kommen, desto öfter berichten Zeugen von einem allzu schönen Mädchen. ›Ein allzu schönes Mädchen‹ erschien 2010 bei Rowohlt. Der 736 Seiten starke Krimi ist der erste von aktuell sechs Bänden in Seghers Reihe ›Kommissar Marthaler ermittelt‹. Die Geschichte spielt im Jahr 2000 in Frankfurt am Main. Als Rahmen hat Seghers einen (fiktiven?) Besuch des US-Präsidenten gewählt, so dass die Polizei äußerst ausgelastet und das innerstädtische Leben immer wieder gestört ist. Einzelne Schauplätze liegen auch im Elsass und in Saarbrücken. Segher beginnt die Geschichte mit einer ausführlichen Einführung im Elsass. Bis zum Auffinden der ersten Leiche und damit Kommissar Marthalers erstem Auftritt vergeht eine ganze Reihe von Seiten. Auch als die Geschichte Fahrt aufnimmt, bleiben die Umstände des Falles lange unklar. Seghers steigert die stressige Stimmung während der ersten Ermittlungsphase geschickt durch die erhöhte Medienpräsenz wegen des Besuchs des US-Präsidenten. Wie auch der fünfte Band, den ich ja unglücklicherweise zuerst gelesen habe, lebt ›Ein allzu schönes Mädchen‹ einerseits von den Charakteren und andererseits von viel Lokalkolorit. Zu Ersterem muss ich im Vergleich aber sagen, dass da definitiv eine Steigerung stattfindet. Marthaler bleibt zwar kauzig, hat im ersten Band aber noch deutlich unsympathischere Wesenszüge. So reagiert er nicht nur ein Mal übertrieben aufbrausend. Seine Kollegen bleiben teilweise noch etwas blass – wie wichtig und sympathisch Carlos mal werden wird, kann man schon erkennen, besonders gut gefiel mir aber auch Manfred. Ein wenig amüsant fand ich, dass Tereza im ersten Band noch deutlich weniger gebrochen Deutsch spricht, als sie das im fünften Band tun wird. Sehr gefallen hat mir, dass die genauen Hintergründe der Taten lange unklar blieben. Seghers forciert geschickt einen Hergang samt Tatverdächtigem nach dem anderen. Am Ende wirft er alles nochmal um, um ganz am Ende schließlich die tatsächliche Auflösung der Fantasie der Lesenden zu überlassen. Die Geschichte selbst ist für einen Krimi schön. Ich weiß nicht genau, wie ich das ausdrücken soll, aber ich erwarte bei Krimis eigentlich keine Geschichten, die sich schön anfühlen. Krimis sind üblicherweise blutig, leichig und von Abgründen dominiert. All das trifft auf ›Ein allzu schönes Mädchen‹ zwar auch zu, trotzdem hatte ich immer das Gefühl, mich in einer schönen Geschichte zu bewegen. Das hat mir sehr gefallen. Alles in allem ist ›Ein allzu schönes Mädchen‹ ein schöner Einstieg, der Lust auf mehr macht. Die Charaktere haben noch Potential, machen aber schon neugierig. Gepaart mit viel Lokalkolorit und einer soliden Story ergibt sich ein spannender Krimi.

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