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stefanie aus frei

Posted on 16.4.2019

Sackgasse oder „Das Glück sieht man nur durch den Rückspiegel“ (S. 183) „Kommt der Krieg zwischen Tutsi und Hutu daher, dass sie in verschiedenen Gegenden wohnen?“ „Nein, sie leben ja im selben Land.“ „Dann sprechen sie nicht dieselbe Sprache?“ „Doch, sie sprechen dieselbe Sprache.“ „Vielleicht haben sie nicht denselben Gott?“ „Doch, sie haben denselben Gott.“ „Aber … warum machen sie dann Krieg?“ „Weil sie nicht die gleiche Nase haben.“ S. 8 „Gaby“, Gabriel, der Sohn eines französischen Vaters und einer ruandischen Mutter lebt eine meistens sorglose Kindheit und stellt nur gelegentlich Fragen an seinen Vater. Er hat in der Sackgasse in Burundi die besten Freunde fürs Leben gefunden, stromert mit ihnen durch die Umgebung, gehört mit ihnen zu den Wohlhabenden, es gibt Angestellte. Einzig die Trennung der Eltern wirft später einen Schatten auf die Idylle, hatten die Eltern einfach zu jung den Schritt in die Realtät des Lebens gewagt. „Sie hatten nur ihre Illusionen geteilt, nicht aber ihre Träume.“ S. 17 Doch Ruanda ist nicht nur Nachbarland, die Auseinandersetzung zwischen Hutu und Tutsi betrifft beide Länder und Gabys Mutter war einst als Flüchtling vor den Hutu ins Land gekommen, kaum toleriert, besser gestellt nur dank des Ehemanns. Bald brechen die Ausläufer des Bürgerkriegs ein in das Paradies der Kindheit. „Ich hatte keine Erklärung für den Tod der einen und den Hass der anderen. Vielleicht ist das Krieg: Wenn man nichts versteht.“ S. 200 Der erwachsene Gaby ist schon lange in Frankreich, dem Land seines Vaters. Doch er fühlt sich nicht angekommen, möchte zurück in das Land seiner glücklichen Kindheit, zurück nach Burundi. Und so erzählt der Ich-Erzähler dem Leser aus seiner Kindheit, episodenhaft, oft humorvoll. Die Nostalgie liegt wie Sepia über den Geschichten. Doch der ethnische Konflikt ist von Beginn an ein mindestens stiller Begleiter, der Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann. Dazu kommen für Gaby und einen seiner Freunde die Väter, aufgrund derer die Mütter später als „Weißenhuren“ beschimpft werden. Einzig die Besuche bei der Nachbarin, die in dem Jungen die Liebe zu Büchern erweckt, ermöglichen ihm noch kleine Fluchten. „Natürlich kann ein Buch dich verändern, es kann sogar dein Leben auf den Kopf stellen. Wie Liebe auf den ersten Blick. Und man weiß nie, wann es passiert. Mit Büchern muss man vorsichtig sein, es sind schlafende Geister.“ S. 172 (ich habe eine ganze Zitatsammlung aus diesen nur 240 Seiten). Den Anfang las ich mit dem wohligen Gefühl der Erinnerung an die Kindheit, dann zunehmend verstört angesichts der wachsenden Präsenz von Gewalt. Die poetische und bildhafte Sprache hat mich in Bann genommen. Das Ende … „Der Krieg findet für uns Feinde, ohne dass wir darum gebeten haben.“ S. 136 5 Sterne.

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