Klassikerinnen: Amalie Skram

Schon lange trage ich die Idee mit mir herum, hier auf yourbook.shop eine Klassikerinnen-Reihe zu starten. Ich möchte über Autorinnen schreiben, die die heutige Literatur beeinflusst haben, Autorinnen, die zu ihrer Zeit nicht gehört wurden, Autorinnen, die ich erstmalig für mich entdeckt oder wiederentdeckt habe, Lieblingsautorinnen und Autorinnen, die nie einen Platz in den zahllosen Kanons dieser Welt fanden zwischen den sich aufblähenden Buchrücken ihrer männlichen Zeit- und Schreibgenossen. Gleichzeitig lade ich alle dazu ein, mir es gleich zu tun. Dies soll nicht meine Reihe werden sondern unser aller literarischer Almanach der vielen wunderbaren Klassikerinnen, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient haben.

Auf der Frankfurter Buchmesse habe ich meine Lieblingsverlage besucht, einer davon ist der Guggolz Verlag. Verleger Sebastian Guggolz sagt: »Mit Neuübersetzungen und Neuausgaben vergessener und zu Unrecht aus dem Fokus geratener Werke richten wir uns an diejenigen Leser*innen, die bei ihrer Lektüre bereichert werden wollen. Mit aktuellen Nachworten und durch ergänzende Kommentierung soll die in die Literatur eingegangene historische, politische, kulturelle und sprachliche Vielfalt wieder lebendig gemacht werden.«

Mein Blick blieb bei dem Roman +Professor Hieronimus von Amalie Skram hängen. Ihr Name sagte mir etwas, da waren verschwommene Erinnerungen aus meinem Nordistik Studium. Ich nahm das Buch mit und tauchte tief ein in die Lektüre und die Autorin dahinter. Das Buch und Amalie Skram hielten mich fest in ihrem Griff und begleiteten mich mit den 120 Jahre alten und dennoch zeitlosen Darstellungen durch den Alltag. Als ich in einem dänischen Antiquariat zufällig ausgerechnet nach Amalie Skrams Eheroman »Constance Ring« griff, wusste ich, dass sie es ist. Amalie Skram ist die Autorin, mit der ich unsere Klassikerinnen-Reihe starte.

»Aber es gibt nichts Abscheulicheres auf der Welt als eine verheiratete Frau, die mit einem Liebhaber zusammenlebt.« »Oder eine Frau, die vom Zusammenleben mit ihrem Mann lebt, das läuft auf das Gleiche hinaus.« »Eine Frau, die vom Zusammenleben mit ihrem Mann lebt, das ist ja die Pflicht einer Frau.« »Ja natürlich. Die Ehe ist im Grunde eine hässliche Institution.« (Aus: "Constance Ring", 1885)

Wenn ich von der norwegischen Autorin Amalie Skram schreibe, muss ich bereits an dieser Stelle einen ihrer bewussten Brüche mit Konventionen einschieben: »Ich betrachte mich selbst als dänische Autorin und möchte immer als solche betrachtet werden. Norwegisch bin und bleibe ich bis zu meinem Todestag. Aber ich bin keine norwegische Autorin. Zur Autorin haben die Dänen mich gemacht.« Amalie Skram wurde am 22. August 1846 als Berthe Amalie Alver in Bergen geboren. Ihre Familie entstammte der unteren Mittelschicht und lebte von einem kleinen familiären Landwirtschaftshandel. Ihre Kindheit war ebenso von finanziellen Ängsten und Unsicherheiten geprägt wie von unbeschwerten Sommern am Meer mit ihrem Bruder Johan Ludvig, zu dem sie ein enges Verhältnis hatte. Nachdem ihr Vater als Kaufmann konkurs ging und sich alleine in die USA absetzte, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, verheiratete ihre Mutter sie als 18-Jährige an den 9 Jahre älteren Kapitän Bernt Ulrik August Müller, mit dem sie 13 Jahre die Welt bereiste und die zwei Söhne Jacob und den späteren Schauspieler Ludvig Müller bekam, ehe sie infolge ihrer Selbstverlorenheit in der lieblosen Ehe einen psychischen Zusammenbruch erlitt und in eine Psychiatrie eingewiesen wurde. Im Anschluss brach sie aus ihrer Ehe aus und ließ sich zur Empörung ihres Umfelds scheiden. Sie brach nicht nur mit ihrer Ehe sondern mit dem Christentum, den gesellschaftlichen Erwartungen und begann sich stattdessen mit dem Darwinismus, Sozialismus, freiem Denken und dem Frauenkampf auseinanderzusetzen. In dieser Zeit begann sie zu schreiben.

Erste Veröffentlichungen und der Umzug nach Kopenhagen

1977 veröffentliche die Zeitung »Bergens Tidende« Amalie Skrams Kritik des Romans »Frau Marie Grubbe« des dänischen Schriftstellers J.P. Jacobsen. Es folgten weitere Artikel, Kritiken und Debattenbeiträge für Zeitungen und Zeitschriften. Inzwischen lebte sie mit ihren Kindern in Oslo, wo sie Mitarbeiterin der Zeitung »Dagbladet« wurde. 1882 wurde in dem literarischen, kulturellen und politischen Magazin »Nyt Tidsskrift« mit »Madam Høiers Lejefolk« Amalie Skrams erstes literarische Werk veröffentlicht. Sie wurde damit zu einer der ersten Schriftstellerinnen, die vom Schreiben lebten. In Oslo trat sie in einen radikalen literarischen Kreis ein, wo sie vor allem mit vielen Dänen in Kontakt kam, unter anderen dem berühmten Schriftsteller Georg Brandes und seinen Brüdern. Amalie Skram brach ein weiteres Mal mit den Konventionen, in dem sie sich als Frau in gesellschaftliche und politische Debatten einmischte. Als geschiedene, attraktive und zigarrenrauchende Dame im Kreise berühmter Männer der Zeit war sie ein leibhaftiger Skandal. Auf einer Party des norwegischen Autoren Bjørnstjerne Bjørnson lernte sie 1884 den dänischen Autoren Erik Skram kennen. Sie heirateten und zogen nach Kopenhagen. Trotz ihrer stürmischen Ehe unterstützte und förderte Erik Skram hingebungsvoll Amalie Skrams Schreibtalent.

In ihrer neuen freigeistigen und literarischen Umgebung schrieb Amalie Skram wie entfesselt. In ihrem ersten Roman »Constance Ring«, der 1885 erschien, verarbeitete die Autorin die Erlebnisse ihrer ersten Ehe. Als stilsichere Naturalistin beobachtet und beleuchtet sie realistisch und präzise die patriarchale Gesellschaft aus der Sicht einer Frau und ihr geteiltes Schicksal, die Zwangsheirat kurz nach der Volljährigkeit:

»Einer ihrer Verehrer hatte sie mit einer vom Morgentau befeuchteten Rosenknospe verglichen, und ein älterer Herr aus dem Bekanntenkreis der Tante behauptete, sie sei wie der erste Frühlingstag nach einem harten Winter. Ihre fröhliche Fröhlichkeit verbreitete gute Laune. [...] Es gab etwas Bestechendes, dem niemand widerstehen konnte. [...] Sie ging hüpfend und summend durch das Wohnzimmer, und diejenigen, denen sie begegente, wurden oft gepackt und herumgewirbelt. [...] Ihr Lachen war unwiderstehlich ansteckend. Ring war sechzehn Jahre älter als das junge Mädchen, das er geheiratet hatte. Wie es dazu kam, [...] ist nicht so leicht zu sagen, wenn sie sich nicht von ihrer Tante drängen ließ, die alles getan hatte, um die Verbindung zu ermöglichen. Ring war eine gute Partie; er besaß ein beträchtliches Vermögen, hatte gute Geschäfte gemacht und war in einem bestimmten Alter angekommen, ein großer Vorteil in den Augen der Tante. Er war promovierter Jurist, wechselte aber zum Handel und betrieb nun im großen Stil Kommissionsgeschäfte. Außerdem gehörte er einer angesehenen Familie an und hatte trotz seines Glatzkopfes und seiner Neigung zur Fettleibigkeit ein recht angenehmes Aussehen. Nach der Hochzeit hatte sich bei Frau Ring jedoch eine auffällige Veränderung vollzogen. Sie wurde still und schüchtern und sah überhaupt nicht glücklich aus. Ihre Augen, die so glänzend und so lebendig geleuchtet hatten, wurden matt und rot umrandet, weil sie morgens, wenn ihr Mann im Esszimmer seinen Kaffee trank – er war immer früh auf – mit dem Gesicht nach unten auf ihrem Kissen lag und weinte . [...] Dann versuchte er, sie mit einer Fülle von Liebkosungen aufzuheitern, die sie nicht erwiderte, aber geduldig ertrug. [...] Sie dachte an das frische Meer ihrer Heimatstadt, mit dem sie aufgewachsen war. Sie kannte es in all seinen Formen: Wenn es sich heulend erhob und die schwarzen Wellen mit ihren weißen Kämmen über den Pier brachen, so dass der salzige Schaum herumspritzte und seine Gicht direkt gegen ihr Dachfensters prasselte, während die Schiffe sich hoben und senkten und in ihren Liegeplätzen hin- und herglitten, als ob sie Angst hätten und sich um jeden Preis losreißen wollten. [...] Und sie erinnerte sich daran, wie es einfach reglos daliegen und sich sonnen und faul sein konnte und samtig weich blitzte, vertrauenswürdig wie eine alte Dame. [...] Ihre Gedanken folgten immer dem Weg zum Elternhaus und liefen, als wären sie aus einem Gefängnis geflohen. [...]

Es störte Ring, dass seine Frau nicht wie eine glückliche Frau aussah, und so ging er zu ihrer Tante und beklagte sich. Diese versprach, mit Constance zu sprechen, und tat es auch. Constance lauschte ihren mahnenden Worten mit niedergeschlagener Miene. [...] Dann brach Constance in Tränen aus und rang nach Worten: »Ich sehne mich nach Hause.« Das Ergebnis des Gesprächs wurde an Ring weitergetragen. Heimweh! Ein verheiratete Frau sehnte sich nach ihrem Zuhause. Zum Teufel, ihr Zuhause war doch bei ihrem Ehemann! Hatte sie nicht alles, was sie sich wünschen konnte und mehr? [...] Es muss auch Grenzen für seine Aufopferung geben! Wenn doch einfach Kinder kommen, dachte die Tante. [...] Aber der Winter verging und der Frühling kam, und alles blieb beim Alten. Wenn Constance in Gesellschaft war oder Fremde bei ihnen waren, konnte sie einen Funken ihrer alten Lebendigkeit und Heiterkeit zurückerlangen. Dies war jedoch nur ein neues Ärgernis für Ring. Da konnte sie mit diesen Männern sitzen und herumtollen und lachen, und in seiner Anwesenheit war nie ein Lächeln auf ihrem Gesicht.«

Sie stellt die Institution der Versorgungsehe im großbürgerlichen Umfeld als irdische Hölle für Frauen dar. Die Drastik und Eindringlichkeit ihrer Schilderungen waren in einem Ausmaß, dass sich ihr Verlag weigerte, einige Passagen aus »Constance Ring« zu drucken. Es folgten die drei weiteren Ehe-Romane »Lucie«, »Fru Ines« und »Forraadt«, die sich alle mit dem unterdrückten und stumpfen Leben bürgerlicher Frauen beschäftigen, der Stellung der Geschlechter und sexuellen Doppelmoral:

»Ich will nur Dein Bestes, meine liebste Tochter. Einzig und allein Dein Bestes. Und deshalb ist es meine Pflicht, Dir zu sagen, dass Dein Mann von nun an das bedingungslose Recht und die Macht über Dich hat. Du musst fügsam und gehorsam sein wie ein Lamm, ansonsten wird er von seiner süßen kleinen Frau nur schlecht bedient. Und sonst widersetzt Du Dich Gottes Ordnung, was das Schlimmste ist.« (Aus: "Forraadt", 1892)

Kreative Blütezeit und psychische Krisen

Insgesamt veröffentlichte Amalie Skram in den acht Jahren nach ihrem Romandebüt 14 literarische Werke. Stilistisch blieb sie dem Naturalismus verbunden, obgleich in ihren späteren Werken immer wieder Züge der Moderne durchbrechen. Sie trieb die realistischen, detailgetreuen und bildlichen Beschreibungen der Klassengesellschaft und männlichen Machtstrukturen auf die Spitze auf ihrer Suche nach der Wahrheit. Durch ihre Werke pulsiert Amalie Skrams lebendige Sprache, die es nahezu unwirklich scheinen lässt, dass die Bücher vor über 120 Jahren verfasst wurden. Im Mittelpunkt stehen die Entfaltungsmöglichkeiten der Frauen, ihre Einkesselung im sozialen wie sexuellen Zusammenleben mit Männern. Amalie Skram öffnet fremde Türen, blickt hinter die feinen Gardinen, die Eingänge zu Kneipen und Bordellen und lässt uns Teil werden dieser Welt und dieser Zeit, in der die Frauen zu häuslicher Verdammnis bestimmt waren, während die Männer ihren verborgenen Gelüsten nachspürten. Ihre Werke enden tragisch, formvollendet naturalistisch werden wir Leser*innen zu den dunkelsten Flecken des psychosozialen Atlas geführt und der rohen Wahrheit überlassen.

Nachdem Amalie Skram 1889 ihre Tochter Ida Johanne gebar, rang sie erneut damit, ihre Rolle sowohl als Mutter und Ehefrau als auch als Autorin zu finden. Infolge schwerer psychischer Episoden ließ sie sich 1893 in Kopenhagen zunächst freiwillig in die Psychiatrie unter Leitung des Arztes Knud Pontoppidans einweisen. Im Laufe der Behandlung wurde sie jedoch gegen ihren Willen dort behalten. In ihren Werken »Professor Hieronimus« (1895) und »Paa St. Jørgen« (1895) verarbeitete sie nicht nur ihren Aufenthalt sondern klagt mit scharfem Blick die fragwürdigen Methoden und das Machtbestreben Pontoppidans an ebenso wie die patriarchale Hierarchie des psychiatrischen Systems und die Willkür, der Patient*innen ausgeliefert sind. Ihre anklagenden Werke sorgten für Aufruhr, was zu einer Entlassung Pontoppidans führte und zu verbesserten Bedingungen in dänischen Psychiatrien.

Literarischer Kraftakt und die letzten Jahre

Stark geschwächt von chronischen Erkrankungen und der Einnahme von Opium und Morphin gelang es Amalie Skram unter größter Kraftanstrengung ihr Hauptwerk, die vierbändige Familiensaga »Hellemyrsfolket« (1887-98), zu vollenden, in dem sie den gesellschaftlich Schwächsten eine Stimme gibt und soziale Missstände anprangert. Sie zeigt auf, wie Menschen gleichgültig ihres verzweifelten Bemühens, stets innerhalb der Grenzen ihrer Gesellschaftsschicht gefangen bleiben; die Verlierer*innen bleiben Verlierer*innen, die Priviligierten unantastbar. Ihre Bücher erwecken keine Hoffnung, sondern schildern die Dinge so, wie sie wirklich sind.

1899 wurde auch ihre zweite Ehe geschieden. Amalie Skram verstarb am 15. März 1905 im Alter von 58 Jahren in Kopenhagen. Sie wurde auf dem Friedhof in Bispebjerg, Kopenhagen, beigesetzt.

Amalie Skram in der Gegenwart

2016 hat Sebastian Guggolz im Guggolz Verlag die beiden Werke »Professor Hieronimus« und »In St. Jørgen« in einem gemeinsamen Band, neu übersetzt von Christel Hildebrandt, unter dem Titel +Professor Hieronimus neu verlegt.

Der Roman erzählt die Geschichte der Malerin Else Kant, die sich nach einem Zusammenbruch in die psychiatrische Klinik von Professor Hieronimus begibt, um wieder zu Kräften zu kommen. Dort jedoch darf sie keine eigenen Entscheidungen mehr treffen, muss sich den Regeln und dem Alltag in der Klinik fügen. Und auch die Entscheidung, wann sie wieder in ihr früheres Leben zuruückkehren kann, liegt plötzlich nicht mehr in ihrer Hand. Else ist fest entschlossen, um ihre Selbstbestimmtheit zu kämpfen und ihre Würde zu bewahren.

»Ach, könnte sie doch einfach die ganze Malerei vollständig zur Seite legen, nie wieder einen Pinsel anrühren. Welch ein Friede würde sich dann über sie senken. Ihr Leben leben, nur beschäftigt mit diesen jeden Tag sich wiederholenden kleinen Pflichten, deren Erfüllung Befriedigung bei ihr und Wohlbehagen bei den Ihren schuf. Diese unerträgliche Bürde loswerden, die stets, Tag und Nacht, wie ein Alb auf ihr lastete. Oder gäbe es nur dieses Eine, könnte sie sich ganz und gar ihrer Arbeit widmen und alles andere vernachlässigen. Aber wenn nicht alles im Haus mit dem Kind, den Mahlzeiten, dem Hausputz und den Mädchen so lief, wie es sollte, dann litt sie Höllenqualen und machte sich selbst Vorwürfe, nachlässig und säumig zu sein. Nein, so viele verschiedene Erwartungen zu erfüllen, dazu wären Riesenkräfte nötig. Paulus hatte schon Recht, als er den Frauen verbot, öffentlich aufzutreten. Verheiratete Frauen, hätte er sagen sollen – obwohl, nein: Die noch nicht verheiratet waren, die konnten es ja noch werden. Ach, welch ein Jammer. Allein diese schreckliche Schmiererei ansehen zu müssen, die ihre Seele wie Feuerzungen brennen ließ. Klar und deutlich vor Augen zu haben, wie es sein sollte, und dann aber ... Dieser Kampf zwischen dem, was sie malen wollte und dem, was sie wirklich zustande brachte, erzeugte ein Sammelsurium aus Verzweiflung, das sich in ihr Gehirn bohrte, alles beeinflusste, was sie hörte und erlebte, ihre Energie lähmte und ihren Willen brach. Er machte sie unleidlich und schwierig im Umgang. Ihr armer Mann – so aufgewühlt und verzweifelt, wie sie war – ja, verzweifelt bis zur Todessehnsucht, denn sie musste, sie musste ihre Arbeit beenden, und dabei erschien ihr ihre Unfähigkeit mit jedem Tag, der verging, schlimmer und schließlich unvermeidbar.«

Amalie Skrams Schilderungen sind scharfsinnig, entschlossen und vor allem für ihre Zeit kontrovers. Sie schafft wie auch in ihren anderen Werken feinsinnig, beobachtend und mit leisem Humor eine starke Frauenfigur, die sich gegen die eigenen Unterdrückung und Ungerechtigkeit stemmt und sich gegen patriarchale Unterdrückung durch Autoritätspersonen oder den eigenen Ehemann wehrt.

Wenn wir Amalie Skram heute lesen, besticht ihre Unverhohltheit, der kompromisslose Willen ihrer Protagonistinnen, und ihre Kunst, die extremsten sozialen und psychischen Zustände in einem zunächst naturalistischen und später immer moderneren, expressionistischen Stil auszudrücken und aufzudecken. Sie bleibt eine leidenschaftliche Wahrheitssucherin, die uns die damalige Welt wie durch ein Mikroskop näher bringt. Sie bleibt eine der ersten literarischen Fürsprecherinnen der Armen, der Frauen und der psychisch kranken Menschen. Viele Schriftstelle*innen waren ihrer Zeit voraus, doch die meisten mussten einen hohen Preis zahlen. Auch Amalie Skram kämpfte zeitlebens gegen ihre psychischen Probleme und Suizidgedanken. Doch bis zum Schluss schrieb sie sich durch ihre persönlichen Krisen. Obwohl ihre Bücher bereits zu ihrer Lebzeit wichtige gesellschaftliche Debatten anstießen und etwas bewegten, fühlte sie sich gefangen und von der Außenwelt isoliert:

»Auf Wiedersehen, mein Liebster, mein Einziger. Ich weiß nur eines, und das ist, dass das Leben tausend Mal schlimmer ist als der Tod!« (Aus: "Sommer", 1899)

Ihr könnt erahnen, was nun folgt. Liebe Leser*innen, ich will ja gar nicht viel, aber ich wünsche mir, dass noch viel mehr Leser*innen Amalie Skram entdecken.

+Professor Hieronimus, Guggolz Verlag, 24 Euro:

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